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Westfalenpost: In der Defensive Das Leiden der Großen Koalition

Hagen (ots)

Von Winfried Dolderer
Der Koalitionär, ja, der hat's schwer. Zumindest das sollten wir 
begriffen haben nach der gestrigen Vorstellung des schwarz-roten 
Spitzenpersonals im Bundestag. Nach ihrem euphorischen Start ist den 
Maßgeblichen von Union und SPD der Schwung abhanden gekommen. Man 
erlebt sie neuerdings in der Defensive. Vom Bundespräsidenten mit 
erhobenem Zeigefinger traktiert. Von Verbandsfürsten abgewatscht. Von
den Bürgern mit Missbehagen beäugt.
 So hören sie sich auch an. Hadern mit der Ungeduld des Publikums. 
Klagen über die Unannehmlichkeiten ihres Reformschaffens und barmen 
um Verständnis. Wie es die Kanzlerin mit einem Freudschen Versprecher
formulierte: Sie "leiden mit sich".
 Sie selbst, die Kanzlerin, schafft sich hin und wieder 
Erleichterung. Immer wenn ein Gastauftritt vor einem Verbandskongress
Gelegenheit zum Ausbruch aus dem schwarz-roten Gehege bietet, 
markiert sie die Entschlossene. Nennt, wie dieser Tage geschehen, 
mutig-markig das Land einen "Sanierungsfall" und predigt mit Emphase 
eine Politik der tiefgreifenden, radikalen, grundsätzlichen Reformen.
Genau die Politik also, die der Kanzlerin im Koalitionsalltag 
verwehrt ist, wo sie nicht viel mehr vermag als zwischen Parteien zu 
moderieren, die eigentlich in entgegengesetzte Richtungen streben und
sich über Grundsätzliches kaum einigen können. Den Bürgern bleibt das
nicht verborgen. Sie merken, wie sich die Koalitionäre umso schwerer 
tun, je konkreter sie genötigt sind, sich zu einigen. Über die 
Gesundheitsreform, das Mega-Projekt der Regierung, grübeln sie jetzt 
drei Monate, ohne dass sich der Eindruck aufdrängt, es habe sich in 
dieser Zeit viel bewegt.
 Nur die Ahnungen, dass uns Unerfreuliches ins Haus steht, verdichten
sich. Die Föderalismusreform ist unter Seufzen und Zähneknirschen aus
der Reihen der SPD abgehakt. Begeisterung lässt sich auch damit nicht
wecken. Die Koalition sei auf guten Wege, sagen ihre Maßgeblichen. 
Das hört sich an wie ein Zauberkünstler, der seinen Zylinder vorweist
und beteuert, darin stecke ein seidenfellglänzendes Kaninchen. Und 
wir ahnen: Es ist wohl wieder eine Kröte.

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