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WAZ: Der CDU-Parteitag: Keine Botschaft, kein Sinn für Realität - Kommmentar von Angela Gareis

Essen (ots)

Mit zwei nochmals beschlossenen Beschlüssen
balancierte die CDU in Dresden ihren Richtungsstreit aus. Das sagt 
viel aus über den Veränderungswillen einer Partei, die Deutschland 
verändern will. Der Antrag von Jürgen Rüttgers zum Arbeitslosengeld 
für Ältere (Parteitagsbeschluss 2004) wird nie umgesetzt werden, der 
Antrag von Günther Oettinger zur Lockerung des Kündigungsschutzes 
(2003) wird für die Zeit der Großen Koalition in der Schublade 
bleiben. Über beide Anträge wurde breit diskutiert, aber der Antrag 
auf eine umfassende Kindergartenpflicht, mit der zunehmender 
Bildungsarmut begegnet werden könnte, wurde wortarm abgelehnt, später
ein schwächerer Vorschlag angenommen.
Dieses Thema hätte Anlass für eine echte Richtungsdiskussion 
geboten: darüber, wie man die zerfallende Gesellschaft zusammenhalten
kann; darüber, dass ein Viertel der Kinder eines Jahrgangs in der 
Schule nicht mitkommen, weil sie nicht Deutsch sprechen oder weil 
ihre Eltern sie vernachlässigen. Diese Kinder sind die Nichtwähler 
von morgen, oder sie wählen NPD, aber garantiert nicht die CDU.
Die Angst der Volkspartei vor Umfragewerten hat sie in 
inhaltliche Starre versetzt. Ihre größte Angst besteht darin, sich 
selbst zu reformieren. Die CDU will die Stammwähler nicht irritieren,
aber die werden ohnehin weniger, weil das Bürgertum wegbricht. Nur, 
wer es in Deutschland sehr weit nach oben schafft, hat keine Angst 
vor der Zukunft. Die handelnden Politiker haben es sehr weit nach 
oben geschafft. Vielleicht auch deshalb nähern sie sich den großen 
gesellschaftlichen Problemen so desinteressiert. Menschen, die heute 
in Deutschlands Mitte leben, beschäftigen sich weit mehr mit sozialem
Abstieg. Denn der Verlust der Arbeit kann ein Leben in Hartz und 
einer Unterschicht bedeuten, die mehr als früher ungebildet und 
hoffnungslos ist.
Einigen Delegierten war durchaus unwohl, wenn sie über die 
Botschaft des Parteitags nachdachten: Der Richtungsstreit ist 
beendet. Wir haben über realitätsfremde Anträge diskutiert. Wir haben
uns zusammengerauft, damit wir weniger Angst vor Umfragewerten haben 
müssen. Das ist paradox, denn die Angst der Wähler vor der 
Unfähigkeit der Volksparteien ist sicher größer als die Angst der 
Volksparteien vor den Wählern. Unwohl war einigen Delegierten auch 
deshalb, weil sie ahnen, dass sie das wichtigste Thema der Zeit - 
Bildung - nicht richtig einschätzen. Nebenbei: Die plakatierte 
Botschaft des Parteitags würden Lehrer ihren Schülern nicht 
durchgehen lassen. "Deutschland. Erfolgreich. Machen."

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