Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.
FDP-Landtagsfraktion und soziale Vermieter: Landesregierung muss sich vom Ziel Klimaneutralität 2040 verabschieden
70/2025
Große Sorge vor zusätzlichen finanziellen Lasten und deutlich steigenden Mieten.
Kiel. Die FDP-Landtagsfraktion und die sozialen Vermieter Schleswig-Holsteins haben fordern die schwarz-grüne Landesregierung aufgefordert, das Ziel „Klimaneutralität 2040“ aufzugeben.
„Mehrere wissenschaftliche Institute verweisen darauf, dass ein Vorziehen von Klimaneutralität die Menschen finanziell spürbar belasten und unwägbare Auswirkungen auf den sozialen Frieden im Land haben wird“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Christopher Vogt, Vorsitzender der FDP-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag, und Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW).
„Die Landesregierung steuert sehenden Auges in eine gefährliche finanzielle und soziale Lage. Wissenschaftler haben ausgerechnet, dass es mindestens 100 Milliarden Euro kosten wird, alle Wohngebäude im Land bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu machen. Wird dieses Ziel fünf Jahre vorgezogen, werden die Kosten noch einmal deutlich steigen.“
Vogt und Breitner verweisen auf den angespannten Landeshaushalt. „Die Kieler Regierung muss schon jetzt an allen Ecken und Ende kürzen und weiß dennoch nicht, wie künftig Einnahmen und Ausgaben in ein ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden sollen. In so einer Situation weitere Kostensteigerungen in Milliardenhöhe zu verursachen, ist fahrlässig.“
Anlass der gemeinsamen Erklärung von FDP-Fraktion und VNW ist der für das kommenden Wochenende in Hamburg angesetzte Volksentscheid. In der Hansestadt werden die Menschen darüber abstimmen, ob die Klimaneutralität der Stadt fünf Jahre von 2045 auf 2040 vorgezogen werden soll. Führende Politikerinnen und Politiker des rot-grünen Senats haben sich dagegen ausgesprochen. Sie fürchten um die Handlungsfähigkeit der Regierungen in den kommenden 15 Jahren, weil alle Investitionen in ineffiziente, aber teure Klimaschutzmaßnahmen fließen müssten.
Christopher Vogt, Vorsitzender der FDP-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag: „Ein funktionierender Klimaschutz braucht realistische Ziele und die richtigen Instrumente. Der europäische Emissionshandel wird ab 2027 auf die Sektoren Verkehr und Gebäude ausgedehnt werden. Es ist der richtige Weg, beim Klimaschutz auf marktwirtschaftliche Instrumente zu setzen, um mit Angebot und Nachfrage die richtigen Anreize zu schaffen. Dadurch wird auf Kosteneffizienz geachtet und Innovationen werden gefördert.
Das schwarz-grüne Mantra vom ‚ersten klimaneutralen Industrieland‘ wirkt zunehmend absurder. Während das Land seine Klimaziele verfehlt, können nennenswerte Industrieansiedlungen bisher nicht umgesetzt werden. Die Landesregierung kann bisher nicht ansatzweise nachvollziehbar darlegen, wie sie ihre ambitionierten Ziele überhaupt erreichen will.
Regionale Alleingänge sind bei einem europäischen Emissionshandel brandgefährlich. Während die Europäische Union im Jahr 2050 klimaneutral werden will, will Deutschland dies bereits 2045 erreichen und Schleswig-Holstein sogar schon 2040. Am Ende sorgen dann unsere frei gewordenen Zertifikate dafür, dass andere Länder diese deutlich billiger in Anspruch nehmen können. Statt EU-weit die Klimaneutralität schneller zu erreichen, verlagern sich die Treibhausemissionen lediglich in andere Länder. Die Situation unserer Volkswirtschaft ist bereits prekär. Die De-Industrialisierung droht nicht, sie findet längst statt. Die Politik in Bund und Land muss die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schnellstmöglich spürbar verbessern und darf nicht noch mehr gut bezahlte Industriearbeitsplätze aufs Spiel setzen.
Durch den schwarz-grünen Sonderweg drohen in Schleswig-Holstein erhebliche wirtschaftliche und soziale Verwerfungen. Bis 2040 müssten alle Öl- und Gasheizungen abgestellt werden und alle Verbrennungsmotoren von der Straße verschwinden. Die Industrie wird bis dahin wohl kaum genügend und bezahlbaren Wasserstoff zur Verfügung haben, um klimaneutral und wettbewerbsfähig produzieren zu können.
Es sollte der Landesregierung zu denken geben, dass der rot-grüne Senat in Hamburg den Volksentscheid zur Klimaneutralität nicht unterstützt. Von den politischen Parteien sind nur die Linken uneingeschränkt dafür. Während die Hamburger Grünen in dieser Frage gespalten sind, sprechen sich SPD, CDU und FDP dagegen aus.
Die schwarz-grüne Landesregierung sollte ihre verfehlte Klimapolitik überdenken und sich wieder auf einen realistischen und funktionierenden Pfad begeben. Gefährliche Sonderwege kosten nicht nur Vertrauen und gefährden unseren Wohlstand, sie stärken am Ende nur die politischen Ränder.“
VNW-Direktor Andreas Breitner fordert die Landesregierung auf, zumindest ein Gutachten über die Auswirkungen des Erreichens von Klimaneutralität bereits im Jahr 2040 in Auftrag zu geben. „Alles andere wäre ein gefährlicher Blindflug mit ungewissem Ausgang – vor allem aber zu Lasten der Menschen im Land.“
Der VNW-Direktor warnt davor, zu glauben, dass Klimaneutralität im Jahr 2040 keine Auswirkungen auf die Mieten in Schleswig-Holstein haben werde. „Unsere Unternehmen gehen davon aus, dass Klimaneutralität fünf Jahre früher mindestens zu einer Steigerung der Miete um bis zu vier Euro pro Quadratmeter Wohnfläche führen wird. Bei einer durchschnittlichen 80-Quadratmeter-Wohnung wären das monatlich 320 Euro mehr – und zwar ab sofort.“
Ein vorgezogener Termin von Klimaneutralität bedeute, dass weniger Zeit zur Verfügung stehe. „Damit steigt die Zahl der vorfälligen Sanierungen“, so Breitner. „Es müssen Dächer erneuert sowie Heizungen und Fenster ausgetauscht werden, obwohl sie das Ende ihrer technischen Lebensdauer noch gar nicht erreicht haben. Abgesehen davon, dass das nicht im Sinne des Klimas sein kann, erhöht sich der Anteil der Modernisierungskosten, die auf die Mieter umgelegt werden dürfen.“
Zu guter Letzt: Für alle notwendigen Beratungen, Untersuchungen, Planungen und Finanzierungen blieben fünf Jahre weniger Zeit, so der VNW-Verbandsdirektor. „Woher die dafür notwendigen zusätzlichen Fachkräfte in Schleswig-Holstein kommen sollen, ist unklar.“
07/10/2025
Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 471 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. In den von ihnen verwalteten 775.000 Wohnungen leben rund zwei Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter liegt bei den VNW-Unternehmen bei 6,74 Euro. Der VNW ist der Verband der Vermieter mit Werten.
V.i.S.P.: Oliver Schirg, Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Referat Kommunikation, Telefon: +49 40 52011 226, Mobil: +49 151 6450 2897, Mail: schirg@vnw.de