Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland
Verbraucheragenda 2030: EU veröffentlicht ehrgeizigen Fahrplan für Verbraucher
Die Europäische Kommission hat kürzlich ihre Strategie für den Verbraucherschutz 2025–2030 vorgestellt. Das am 19. November veröffentlichte Programm befasst sich mit zahlreichen Verbraucherthemen, darunter Online-Handel, Reisen, Mietwagen oder Zahlungsdienste. Erste neue Gesetze sollen bereits 2026 in Kraft treten.
Karolina Wojtal, Co-Direktorin und Pressesprecherin des Europäischen Verbraucherzentrums (EVZ) Deutschland, begrüßt die von Kommissar McGrath gesetzten Schwerpunkte, betont jedoch, dass an einigen Stellen weitergehende Schritte nötig sein werden. Dies gelte insbesondere angesichts von Verstößen einiger Verkäufer auf Online-Plattformen.
Gefährdende Produkte, irreführende Praktiken, Plattformen mit Suchtpotential… Wie können Verbraucherinnen und Verbraucher vor den Giganten des E-Commerce geschützt werden?
Karolina Wojtal: „Die Europäische Kommission wird im kommenden Jahr einen Gesetzesvorschlag zur digitalen Fairness vorlegen. Ziel ist es unter anderem, sogenannte Dark Patterns weiter einzudämmen, also manipulative Designs und Techniken, die das Verhalten von Online-Käuferinnen und -Käufern beeinflussen. Zudem soll das Influencer-Marketing stärker reguliert werden. Ein 2023 in Frankreich verabschiedetes Gesetz kann hier als Orientierung dienen, berücksichtigt jedoch beispielsweise noch nicht das Aufkommen rein virtueller, KI-generierter Influencer.
Das Netzwerk der Europäischen Verbraucherzentren (ECC-Net) begrüßt vor allem den Fokus auf den Schutz Minderjähriger. Die Regulierung süchtig machender Funktionen in sozialen Netzwerken, wie endloses Scrollen oder automatische Video-Wiedergabe, sowie manipulativer Elemente in Videospielen, die etwa zu spontanen Käufen verleiten, wird zu einer der Prioritäten.“
Die Kommission hat zudem eine Reihe von Maßnahmen im Bereich des Reiseverkehrs angekündigt. Welche Schwerpunkte sind geplant?
Karolina Wojtal: „Der Transport- und Tourismussektor ist der Bereich, in dem wir die meisten Beschwerden erhalten. Verschiedene Verordnungen und Richtlinien zu den Rechten von Reisenden werden derzeit überarbeitet. Bisher existieren jedoch keine harmonisierten europäischen Vorschriften für Mietwagen. Wir begrüßen ausdrücklich, dass dieser Markt künftig klarere Regeln, harmonisierte Praktiken und mehr Transparenz bei Preisangaben erhalten soll.
Herausforderungen bestehen weiterhin bei der Buchung grenzüberschreitender Reisen, etwa wenn ein Zugticket von Berlin nach Mailand nicht in einer einzigen Buchung erhältlich ist. All dies sind Herausforderungen, denen sich die Kommission in den nächsten fünf Jahren stellen will.“
Apropos Hindernisse: Ist es für Verbraucherinnen und Verbraucher immer noch schwierig, im EU-Ausland zu bestellen, zu kaufen oder zu bezahlen?
Karolina Wojtal: „Viele Hindernisse im Zusammenhang mit Geoblocking wurden zwar abgebaut, aber längst nicht alle. Nach wie vor kann es passieren, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ein Angebot auf einer ausländischen Website ansehen können, aber keine Lieferung in ihr Land erfolgt. Die Kommission möchte daher bestimmte Hindernisse wie unverhältnismäßige Versandkosten beseitigen.
Ein weiterer Punkt der Verbraucheragenda 2030 betrifft die in der EU eigentlich bereits verbotene IBAN-Diskriminierung. Zu viele Verbraucher erleben immer noch, dass ihre Zahlungen, Lastschriften oder Rückerstattungen abgelehnt werden, nur weil ihr Konto in einem anderen EU-Land geführt wird. Das ist eindeutig rechtswidrig. Das Netzwerk ECC-Net bearbeitet in diesem Bereich nach wie vor zahlreiche Beschwerden und ist erfreut, dass die Kommission dieses Thema zu einer Priorität macht, um den Binnenmarkt zu vollenden.“
Die Verbraucheragenda 2030 der EU ist ehrgeizig, doch es muss auch gelingen, den Gesetzen Geltung zu verschaffen. Wie lässt sich sicherstellen, dass die Gesetze in 27 Mitgliedstaaten konsequent durchgesetzt werden?
Karolina Wojtal: „Das ist in der Tat eine große Herausforderung, und die Kommission widmet diesem Thema einen ganzen Abschnitt in der veröffentlichten Verbraucheragenda 2030. Um Verbraucherrechte effektiv durchzusetzen, bedarf es einer starken grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und eines erleichterten Zugangs zur Justiz. Dazu gehört beispielsweise, Händler aus Drittstaaten zu verpflichten, bei Verkäufen an EU-Verbraucherinnen und -Verbraucher eine Adresse oder einen rechtlichen Vertreter in der EU zu benennen.
Wir begrüßen außerdem, dass die Europäische Kommission sich die Unterstützung der für Verbandsklagen qualifizierten Einrichtungen ebenso wie die Stärkung der Befugnisse nationaler Verbraucherschutzbehörden vorgenommen hat. Diese müssen schnell handeln können – etwa um Webseiten dauerhaft oder vorübergehend zu sperren. Unser Netzwerk arbeitet eng mit den nationalen Behörden zusammen, wünscht sich jedoch eine stärkere Anerkennung seiner Rolle als Partner.“
Die vollständige Position des Netzwerks ECC-Net zur Verbraucheragenda 2030 ist in englischer Sprache verfügbar: Advancing Consumer Protection for the New EU Consumer Agenda | European Consumer Centers Network.
Informationen und Tipps für Verbraucher zu Themen wie Online-Handel und Reisen bietet das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Deutschland unter www.evz.de . Das juristische Team steht Verbrauchern bei grenzüberschreitenden Problemen kostenlos zur Seite. Das EVZ ist Teil des Netzwerks der Europäischen Verbraucherzentren (ECC-Net).
Finanziell unterstützt wird das EVZ Deutschland durch die Europäische Kommission und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Träger des EVZ ist der deutsch-französische Verein Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e. V. mit Sitz in Kehl.
Ansprechpartnerin für die Presse: Karolina Wojtal
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