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Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland

Teurer Umweg statt digitaler Abkürzung

Teurer Umweg statt digitaler Abkürzung
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Teurer Umweg statt digitaler Abkürzung

EVZ warnt vor wachsender Zahl an Zwischenportalen

„Mal eben schnell“ online eine Geburtsurkunde beantragen, den Nachsendeauftrag einrichten oder die Adresse für den Rundfunkbeitrag ändern. Klingt einfach. Ist es in der Realität aber oft leider nicht. Die Beschwerden zum Thema nehmen zu und das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Deutschland muss aufklären: Immer häufiger schieben sich unbemerkt private Zwischenportale aus dem EU-Ausland dazwischen, die dann für identische Leistungen hohe Zusatzgebühren verlangen. Was uns diese Fälle zeigen.

„Wir sehen eine klare Entwicklung: Diese Art Fälle nimmt zu, und vor allem die Zahl der betroffenen Bereiche wächst spürbar“,

sagt Karolina Wojtal, Juristin und Co-Leiterin des EVZ.

„Dabei kassieren die Anbieter nicht für die Dienstleistung selbst – sondern für eine vermeintliche Abkürzung, die allerdings gar keine ist.“

Ein Klick zu früh – und plötzlich kostet’s

Menschen zahlen für eigentlich kostenlose Adressänderungen plötzlich knapp 40 Euro. Nachsendeaufträge kosten statt 24,90 Euro mehr als das Sechsfache: über 160 Euro. Oder Kindergeldanträge werden für 29,99 Euro vermittelt. Auch Kirchenaustritte, Visa- oder Registerportale bleiben nicht verschont. Selbst bei Mautvignetten oder der Abfrage von Punkten in Flensburg greifen manche tief in die Tasche, ohne es zu ahnen. Die Liste ist lang und wächst stetig weiter.

Das Prinzip ist stets dasselbe: Die Seiten wirken glaubwürdig, zum Teil amtlich, und versprechen die gewünschte Dienstleistung „schnell, einfach, online“. Genau hier liegt der Teufel im Detail: Denn ja, diese Punkte werden oft durchaus erfüllt. Dass auf diesem Weg aber Kosten entstehen, die auf dem offiziellen Weg deutlich geringer oder gar komplett wegfallen, steht natürlich nirgends.

Erlaubt oder irreführend? A uf jeden Fall aber ärgerlich

Die Grenzen zwischen Dienstleistung und irreführender Werbung sind in der Praxis fließend, die Bewertung kann von Portal zu Portal unterschiedlich ausfallen. „Teure Preise sind ärgerlich, aber nicht automatisch illegal", sagt Wojtal. „Irreführend kann es jedoch sein, wenn die Seite den Eindruck erweckt, die offizielle Anlaufstelle einer Behörde zu sein. Dann fehlt es an der gesetzlich geforderten Erkennbarkeit und Transparenz.“

Kompliziert wird es, weil viele dieser Firmen im europäischen Ausland sitzen. Das macht Rückforderungen oder rechtliche Schritte oft deutlich schwieriger.

Anders sieht es aus, wenn unklar bleibt, ob ein Antrag überhaupt weitergeleitet wurde. Wird eine versprochene Leistung gar nicht erbracht, haben Verbraucher grundsätzlich Anspruch auf ihr Geld zurück. Und bei manchen Vorgängen bleibt es nicht beim Ärger: Wer etwa eine Adressänderung nicht korrekt hinterlegt oder eine elektronische Einreisegenehmigung (ETA) über den falschen Anbieter beantragt hat, merkt das im Zweifel erst dann, wenn wichtige Post nicht ankommt – oder die Reise auf dem Spiel steht, weil die Einreise verweigert wird.

„In solchen Fällen raten wir: den Antrag sicherheitshalber noch einmal über die offizielle Seite stellen“, erklärt die Juristin. „Das kostet doppelt, ist aber immer noch besser, als an der Grenze zu stehen und nicht einreisen zu dürfen.“

Unabhängig vom Bereich gilt: Einige Anbieter geben sehr schnell und mit ordentlich Druck an Inkasso weiter. Wer solche Schreiben erhält, sollte Ruhe bewahren und prüfen, ob Widerrufsrechte, die gesetzliche Button-Lösung oder Pflichtinformationen korrekt umgesetzt wurden. Genau dort finden sich laut EVZ regelmäßig Fehler, die als Ansatzpunkte für Betroffene genutzt werden können.

Warum landen so viele auf diesen Seiten?

Die Ursache liegt weniger beim einzelnen Nutzer als im System der Suchmaschinen:

Bezahlte Anzeigen stehen oben, offizielle Stellen darunter. Wer im Alltag etwas schnell abhaken möchte, klickt auf das Erste, was plausibel aussieht.

Dabei greifen die Namen der Seiten oft die gängigen Schlagworte auf. Verbraucher suchen nach Geburtsurkunde statt Standesamt, oder nach „Punkten in Flensburg“, statt „Auskunft aus dem Fahreignungsregister“. Wer also in der Webadresse direkt sein Anliegen ablesen kann, fühlt sich richtig.

Hinzu kommt, dass offizielle Homepages selbst oft schlicht gestaltet sind – manchmal umständlich, manchmal nicht fürs Smartphone optimiert. Private Anbieter investieren dagegen in Design, Nutzerführung und SEO. Ironischerweise wirkt das am Ende oft professioneller. Manche lehnen sich sogar optisch eng an die echten Seiten an, teils mit ähnlichen Farben oder Formulierungen. Für viele Verbraucher ist der Unterschied dann kaum noch auszumachen.

So erkennt man Zwischenportale schnell

Ein kurzer Kontrollblick spart Kosten:

  • Anzeige oder echter Treffer? Offizielle Stellen kaufen selten Anzeigenplätze.
  • Impressum prüfen: Behörden heißen nicht „GmbH“, „S.L.“ oder „LLC“.
  • Regional vor bundesweit: Viele Dienstleistungen sind lokal verankert. Zu welcher Stelle würden Sie physisch gehen? Hat sie eine Homepage?
  • Gebühren realistisch? Offizielle Preise sind klar definiert oder die Dienstleistung eindeutig kostenlos.

Fazit

Die Zunahme der Beschwerden zeigt ein strukturelles Problem: Offizieller Weg und teurer Seitenpfad liegen im digitalen Alltag oft dicht beieinander. Deshalb betont Wojtal:

Damit aus dem kurzen Klick kein langer und vor allem teurer Umweg wird, lohnt sich vor jedem Antrag ein zweiter Blick.“

Ihr Kontakt für Presseanfragen: Maren Dopp

Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland
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 T +49 (0) 78 51.991 48-40
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