Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP)
BDP-Pressemitteilung zum Welttag der humanitären Hilfe 2025
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Pressemitteilung zum Welttag der humanitären Hilfe 2025
BDP kritisiert Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte und sieht darin klare Verletzung von nationalem sowie europäischem Recht auf Familienleben
Berlin, 19.08.2025: Das am 24. Juli 2025 in Kraft getretenen Gesetz zur Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte soll laut Aussage der Bundesregierung die „Aufnahme- und Integrationssysteme in Deutschland entlasten“ und nur in Härtefällen nicht zur Anwendung kommen. Das Gesetz gilt zunächst für zwei Jahre mit einer Prüfoption auf Verlängerung. Bis dahin sind keine Wartelisten-Registrierungen möglich, es werden keine Anträge bearbeitet und subsidiär Schutzberechtigte können ihre engsten Familienangehörigen wie Ehepartner*innen und minderjährige Kinder nicht nach Deutschland nachholen.
Das Vorgehen wird von Organisationen wie PRO ASYL, dem Bundesfachverband Minderjährigkeit und Flucht (BuMF) und der evangelischen Kirche scharf kritisiert. Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) schließt sich der Kritik an und sieht darin eine klare Verletzung von nationalem und europäischem Recht auf Familienleben. Dieses Recht ist durch das Grundgesetz (Art. 6), die Grundrechtecharta (Art. 7) und die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK, Art. 8) geschützt.
Die Aussetzung bedeutet für die durch Flucht und Vertreibung oft schwer traumatisierten Geflüchteten, neben den bestehenden physischen und psychischen Belastungen, zusätzliches Leid durch die Sorge um das Leben ihrer Verwandten. Das kann Integrationsbemühungen von Betroffenen negativ beeinflussen und es ist davon auszugehen, dass sich nun wieder vermehrt Menschen auf die gefährlichen Fluchtrouten begeben. In diesem Zusammenhang weist der Verband auch auf eine mögliche Verletzung der UN-Kinderrechtskonvention hin, wenn Kinderrechte missachtet und Kindeswohl durch die Aussetzung des Familiennachzugs nicht gewährleistet werden.
Dabei ist laut Mediendienst Integration die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland ohnehin rückläufig und nur rund 8 % der Visa für Familienzusammenführung gingen in den letzten Jahren an Angehörige von subsidiär Schutzberechtigten.
Die Wartezeiten bei den Nachzugsverfahren hingegen sind enorm lang und die Situation bei der psychosozialen Versorgung von Geflüchteten in Deutschland nach wie vor prekär. Ein hoher Bedarf trifft in den spezialisierten Psychosozialen Zentren (PSZ) auf eine große Versorgungslücke und massiv überlastetes Personal. „Nicht behandelte durch Krieg und Verfolgung entwickelte Traumata von Geflüchteten werden oft durch eine prekäre Unterbringung, Diskriminierungserfahrungen und Isolation noch chronifiziert und führen zu Traumafolgestörungen wie Depressionen“, erläutert Leo Teigler, BDP-Präsidiumsbeauftragte*r für Menschenrechtsfragen.
Auch bei frühzeitig erkannten Bedarfen sieht das Asylbewerberleistungsgesetz erst nach 36 Monaten eine psychotherapeutische Versorgung vor und die Wartezeiten sind oft noch deutlich länger. Um der Versorgungsknappheit entgegenzuwirken, bräuchte es einen deutlich früheren Zugang zu Therapieplätzen mit Sprachmittlung sowie den Ausbau von niedrigschwelligen psychologischen Beratungsangeboten, die Betroffene stabilisieren, einer Chronifizierung von psychischen Erkrankungen und der Entwicklung von destruktiven Coping-Mechanismen entgegenzuwirken.
Die realen Zahlen im Bereich Flucht und Migration sowie die Bedarfe von Geflüchteten stehen im direkten Kontrast zur restriktiven Migrations- und Flüchtlingspolitik der aktuellen Bundesregierung. Damit verletzt die Bundesregierung nationales und europäisches Recht und kommt ihrer humanitären Verantwortung nicht nach.
Auch subsidiär Schutzberechtigte haben ein Recht auf Familienleben und es gilt grundsätzlich die Rechte und das Wohl von Minderjährigen zu schützen. Der BDP appelliert an die Regierung, ihrer Verantwortung nachzukommen und einer weiteren Ausgrenzung und Diskriminierung von Geflüchteten, auch subsidiär Schutzberechtigten, entgegenzutreten.
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