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ARD-Dopingredaktion zum Fall Semenya: IAAF-Daten belegen mehrere ähnliche Fälle und Datenschutzverfehlungen

Köln (ots)

Nach Recherchen der ARD-Dopingredaktion hat der 
Leichtathletik-Weltverband IAAF ermöglicht, die Rechte der 
südafrikanischen Mittelstreckenläuferin Caster Semenya und 
zahlreicher weiterer Athletinnen, darunter eine Deutsche, zu 
verletzen: Auch zur wissenschaftlichen Absicherung einer neuen Regel 
zum Startrecht hyperandrogener Athletinnen von der IAAF erhobene 
medizinische Daten wurden öffentlich zugänglich gemacht. 
Sportlerinnen mit abweichender Geschlechtsentwicklung droht damit, 
dass intime Details von ihnen, die sich in Studien und Gutachten 
befinden, publik werden.

Stefan Brink, einer der führenden deutschen Datenschutzexperten, 
sieht darin einen schwerwiegenden Bruch der Datenschutzregeln. "Da 
ist ganz offensichtlich unvorsichtig, nachlässig, in empörender Weise
gleichgültig mit den Daten von Sportlern umgegangen worden", sagt der
Datenschutzbeauftragte des Landes Baden-Württemberg gegenüber der 
ARD-Dopingredaktion. Brink warnt vor den Folgen. "In bestimmten 
Ländern dieser Welt ist es so, dass bestimmte Krankheiten oder 
bestimmte Verhaltensweisen, sexuelle Orientierung oder Unklarheiten 
bei der Zuordnung zu einem Geschlecht, ein echtes Problem darstellen,
dass dort Verfolgungen stattfinden können auf der Basis, sei es von 
privaten Vereinigungen, sei es auch von staatlichen Stellen und damit
sind solche Veröffentlichungen, die gemacht werden, natürlich umso 
gravierender", erklärt der Datenschützer.

Die Vorgänge wirken besonders skandalös, da der Weltverband gelobt 
hatte, aus seinen Fehlern im Umgang mit Semenya gelernt und die 
nötigen Vorkehrungen getroffen zu haben. 2009, als Semenya als 
18-Jährige in Berlin erstmals bei einer Weltmeisterschaft startete, 
hatten Leichtathletik-Funktionäre dafür gesorgt, dass durch 
Indiskretionen ein Geschlechtstest der Südafrikanerin öffentlich 
wurde. "Wir haben völlig andere Durchführungsbestimmungen, als es 
2009 gab, und zwar genau so, wie es sein sollte", hatte der Präsident
der IAAF, Sebastian Coe, noch kürzlich gegenüber der 
ARD-Dopingredaktion gesagt, "die medizinische Vertraulichkeit muss 
geschützt werden. Es ist ein absolutes Muss in allem, was wir tun." 

Demgegenüber erklärt der Weltverband IAAF, die veröffentlichten Daten
seien so anonymisiert worden, dass keine individuellen Athletendaten 
identifiziert werden könnten. Dass bei der allgemeinen Suche nach 
einer abweichenden Geschlechtsentwicklung auf der IAAF-Website auch 
ein Athletenprofil angezeigt werde, liege an der Generierung der 
Ergebnisse durch die Suchmaschine bing. Insofern Daten in Dokumenten 
aus Disziplinarverfahren enthalten seien, erklärt die Athletics 
Integrity Unit (AIU), die Betroffenen hätten keine Einwände gegen die
Publikation in dieser Form gehabt.

Recherchen der ARD-Dopingredaktion haben zudem ergeben, dass von neun
Athletinnen mit abweichender Geschlechtsentwicklung, deren 
Dokumentation die ARD-Dopingredaktion kennt, fünf nahezu identische 
hyperandrogene Faktoren aufweisen wie Semenya. Bisher sind die 
weiteren Fälle allerdings öffentlich noch kein Thema gewesen.
Die südafrikanische Mittelstreckenläuferin Caster Semenya hatte 
vergangene Woche vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) um 
die Fortsetzung ihrer Karriere gekämpft. Der Internationale 
Leichtathletikverband IAAF will sie als hyperandrogene Athletin mit 
XY-Geschlechtschromosomen, innenliegenden Hoden und erhöhten 
Testosteronwerten zu medizinischen Behandlungen zwingen oder sie 
künftig nur noch bei den Männern starten lassen. Binnen eines Monats 
will der CAS über Semenyas Klage gegen diese neue Regel entscheiden.

Die Sportschau im Ersten berichtet am 24.02.2019 ab 18.00 Uhr über 
die Recherchen der ARD-Dopingredaktion.

Pressekontakt:

WDR Presse und Information
wdrpressedesk@wdr.de
0221-2207100

Original-Content von: ARD Das Erste, übermittelt durch news aktuell

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