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Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)

INSM zieht Bilanz nach einem Jahr Großer Koalition: Donges: "Dieser Regierung fehlt der Mut zu großen Reformschritten."

Köln (ots)  - "Die Große Koalition hat nicht den Mut, große
Reformschritte zu gehen." Mit diesem Satz fasste der frühere
Vorsitzende der fünf Wirtschaftsweisen und Direktor des Instituts für
Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln, Prof. Dr. Juergen B.
Donges, im Namen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)
die einjährige Regierungsbilanz der schwarz-roten Bundesregierung
zusammen.
Donges kritisierte vor allem die Konzeptionslosigkeit der
Regierung bei der Umgestaltung der sozialen Sicherungssysteme. "Die
verunglückte Gesundheitsreform wird wenig Wettbewerb und höhere
Kosten mit sich bringen. Auch in der Arbeitsmarktpolitik hat die
Regierung bisher nur an den Symptomen herumgedoktert. So werden wir
es nicht schaffen, das Wachstum in Deutschland dauerhaft und
nachhaltig zu stabilisieren," so Donges.
Wie dürftig die Reformfortschritte der
Merkel-Müntefering-Koalition bisher sind, zeigt auch das aktuelle
"Merkelmeter" der INSM und der WirtschaftsWoche. Schwarz-Rot hat gut
drei Monate nach Regierungsantritt nur 4,6 Prozent der Wegstrecke
zurückgelegt, die aus wirtschaftswissenschaftlicher und
ordnungspolitischer Sicht in dieser Legislaturperiode notwendig wäre,
um nachhaltig mehr Beschäftigung und Wachstum auszulösen. Ökonomen
des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) untersuchen dabei
alle Kabinettsbeschlüsse, Gesetzentwürfe und Gesetze aus den
Bereichen Steuern und Finanzen, Arbeitsmarkt, Soziale Sicherung und
Governance auf deren Beschäftigungs- und Wachstumswirkung.
Auftrieb gab dem Merkelmeter zum Beispiel die Föderalismusreform
oder die Beitragssenkung in der Arbeitslosenversicherung. Für starken
Abtrieb sorgten aber die Gesundheitsreform und die zum Jahresbeginn
geplante Mehrwertsteuererhöhung. Die Ende Oktober vorgestellte Reform
der Erbschaftsteuer ist verantwortlich dafür, dass das Merkelmeter
aktuell immerhin noch um 0,3 Punkte auf 4,6 Prozent gestiegen ist.
Der INSM-Botschafter und frühere Vorsitzende des
Sachverständigenrates nahm die Ergebnisse des "Merkelmeters" zum
Anlass, die Bundesregierung zu mehr Mut bei der Verwirklichung von
Reformen aufzurufen. "Die Schritte, zu denen sich die Regierung in
Berlin aufraffen konnte, waren klein und zudem in sich
widersprüchlich. Was wir jetzt brauchen, ist jenseits wohlfeiler
Rhetorik eine klare und mutige Vision für mehr Wachstum in
Deutschland," so Donges.
Hintergründe und ausführliche Papiere zur Studie "Merkelmeter"
stehen im Internet unter www.insm.de zum Download zur Verfügung. Auf
den folgenden Seiten finden Sie eine Synopse mit wichtigen Inhalten
der aktuellen Studie.
Die wissenschaftliche Jahresbilanz der Bundesregierung finden Sie
im aktuellen Merkelmeter. Das neue Papier dieser vom Institut der
deutschen Wirtschaft exklusiv für die WirtschaftsWoche und die INSM
erstellten Dauerstudie finden Sie auf www.insm-merkelmeter.de. Eine
Synopse der dürftigen wirtschaftspolitischen Bilanz der Regierung
Merkel-Müntefering auf den vier wichtigsten Reformfeldern:
1. Arbeitsmarktpolitik: Hier hat die Bundesregierung bislang im
Wesentlichen an Symptomen herumgedoktert. Beispiele dafür sind die
jüngsten Änderungen bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende (z. B.
schärfere Sanktionen sowie Job-Sofortangebote für Arbeitsuchende oder
die strengere Definition von Bedarfsgemeinschaften). In der Großen
Koalition fehlte bisher der Wille, eine grundlegende Reform in
Angriff zu nehmen, die die massiven Konstruktionsfehler bei der
prinzipiell richtigen Zusammenlegung der Arbeitslosen- und
Sozialhilfe beseitigt (insbesondere die unklare Zuständigkeit in den
Arbeitsgemeinschaften von Bundesagentur und Kommunen). Der aktuelle
Politikbetrieb in Berlin lässt auch daran zweifeln, ob die von der
Union für den Herbst 2006 angekündigte "Generalrevision von Hartz IV"
kommen wird.
Stattdessen gibt es Entscheidungen, die das Land unter
Wachstumsaspekten nach hinten werfen. Zu nennen ist hier das
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (früher:
Anti-Diskriminierungsgesetz). Dieses Gesetz errichtet neue Hürden
auf einem Arbeitsmarkt, der weniger statt mehr ar-beitsrechtliche
Beschäftigungshindernisse braucht und zum Beispiel beim
Kündigungsschutz weiter dereguliert werden muss. Vereinfachung ist
auch bei der befristeten Beschäftigung geboten. 
Zwar wird zum 1.1.2007 der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung von
6,5 auf 4,5 Prozent gesenkt. Allerdings geht dies einher mit einer
massiven Erhöhung der Mehrwertsteuer. Und: Der Anstieg der Renten-
und Krankenkassenbeiträge (siehe Sozialpolitik) wird diese Entlastung
unterm Strich sehr schnell wieder kassieren.
2. Sozialpolitik: Das aktuelle Gesetzesvorhaben zur
Gesundheitsreform löst auch in seiner am 25. Oktober im
Bundeskabinett verabschiedeten Form keines der Kernprobleme der
gesetzlichen Krankenversicherung. Der geplante Gesundheitsfonds
stellt erstens deren Finanzierung nicht nachhaltig auf solide Beine.
Zweitens findet die gebotene Abkoppelung von den Arbeitskosten durch
den Fonds nicht statt. Drittens bringt die Reform nicht mehr
Wettbewerb zwischen den Leistungsanbietern im Gesundheitswesen.
Stattdessen drohen höhere Beiträge und weniger Wettbewerb sowie mehr
Bürokratie.
Zudem wird der durchschnittliche allgemeine Beitragssatz zur
Gesetzlichen Krankenversicherung 2007 steigen. Statt die GKV-Ausgaben
zu senken - etwa durch Einschnitte beim Leistungskatalog oder durch
Strukturreformen, die zu mehr Kosteneffizienz führen -, kündigten die
Koalitionsspitzen an, dass "der Beitragssatz ab 1. Januar 2007 um
etwa 0,5 Prozentpunkte steigen" müsse.
Nach einem Jahr gibt es nun eine Vereinbarung über die geplante
Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters von derzeit 65 auf 67
Jahre ab 2012 bis 2029. Die Richtung stimmt, wenngleich zu
kritisieren bleibt, dass das momentan absehbare Tempo der
Veränderungen mit den rasanten demographischen Veränderungen in
unserem Land kaum Schritt halten wird. Während hier im Detail noch
vieles unklar bleibt, ist bereits im Koalitionsvertrag festgelegt,
dass der Beitragssatz zur Gesetzlichen Rentenversicherung von
derzeit 19,1 auf 19,9 Prozent erhöht werden soll. Das entsprechende
Gesetz lässt allerdings noch auf sich warten.
3. Steuer- und Finanzpolitik: Die von der Koalition angekündigte
Unternehmenssteuerreform bietet durchaus Chancen für mehr Wachstum
und Beschäftigung. Die tarifliche Steuerbelastung von
Kapitalgesellschaften soll danach von derzeit 38,7 auf 29,2 Prozent
gesenkt werden. Allerdings streiten sich die Koalitionsparteien noch
darüber, wie sie die Einnahmenausfälle begrenzen beziehungsweise
kompensieren können, die sich aus der Senkung der Tarifbelastung
ergeben. Grundsätzlich ist eine stärkere Substanzbesteuerung geplant,
die vor allem ertragsschwache Unternehmen benachteiligt. Ein
leichtes Plus bringt die geplante Reform der Erbschaftsteuer, welche
die Unternehmensnachfolge bei Personenunternehmen steuerlich
vereinfacht.
Der in diesem Jahr erstmals wieder kräftig wachsenden Wirtschaft
hat es die Bundesregierung wesentlich zu verdanken, dass Deutschland
das Maastrichtkriterium bei der Nettoneuverschuldung wieder einhalten
kann. Dieser konjunkturelle Rückenwind hilft dem Bundesfinanzminister
voraussichtlich auch dabei, 2007 erstmals nach fünf Jahren wieder
einen verfassungskonformen Bundeshaushalt vorzulegen, bei dem die
Nettokreditaufnahme des Bundes unter seinen Investitionsausgaben
liegt. Über Jahre hat sich die Bundesregierung haushaltspolitisch
damit beholfen, die Störung eines gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts vorzuschützen. Die Bürger und Unternehmen zahlen für
die Einhaltung dieser Verschuldungsgrenzen aber einen hohen Preis:
Darin enthalten sind die Erhöhung der Mehrwertsteuer, der
Versicherungssteuer und die Einführung der "Reichensteuer".
4. Governance: In ihren Ankündigungen hat die Bundesregierung der
Bürokratie den Kampf angesagt. Wesentliche Neuerungen sind dabei die
Einrichtung des Nationalen Normenkontrollrates mit Anbindung im
Kanzleramt und die Einführung des Standardkostenmodells zur
Bürokratiemessung. Dies sind grundsätzlich richtige Schritte.
Bislang fehlen jedoch die klare Zielvorgabe für eine wirklich
systematische Entbürokratisierung sowie eine eindeutige
Quantifizierung des Ziels. Nach holländischem Vorbild könnte diese
wie folgt lauten: Die Bürokratiekosten für Unternehmen müssen
innerhalb einer Legislaturperiode um 25 Prozent gesenkt werden.
Etwas klarer hat die erste Stufe der Föderalismusreform die
Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern zugeordnet.
Allerdings konnten sich Bund und Länder bei der föderalen Neuordnung
nur auf einen nationalen Stabilitätspakt einigen, der die Länder
erstmals verbindlich mit in die "Haftung" für die Einhaltung der
Maastricht-Kriterien nimmt. Die Reform der Finanzverfassung und des
wettbewerbsfeindlichen Länderfinanzausgleichs müssen in einer zweiten
Stufe der Föderalismusreform noch folgen. Wenn diese kommt, ist
unklar.
Fazit: Nach den ersten zwölf Monaten Großer Koalition kann das
Kabinett Merkel-Müntefering nur auf eine vergleichsweise bescheidene
Reformbilanz zurückschauen. Viele Schritte sind zudem in sich
widersprüchlich, so dass Positives (wie die Föderalismusreform oder
die Einrichtung des Normenkontrollrates) durch Negatives (wie die
Gesundheitsreform oder die Mehrwertsteuererhöhung) konterkariert
wird.

Pressekontakt:

Dieter Rath, Tel.: (0221) 4981-400, E-Mail: rath@insm.de

Original-Content von: Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), übermittelt durch news aktuell

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