Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Chile: Präsidentschaftswahl und Handelsbeziehungen mit der EU - Minderheitenrechte bleiben auf der Strecke
Indigene Gemeinschaften in Chile werden Verlierer der Wahlen sein, unabhängig vom tatsächlichen Ausgang der Präsidentschaftswahl am Sonntag, dem 14. Dezember, fürchtet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Besonders ein Wahlsieg des extrem rechten José Antonio Kast würde für Indigene Völker deutliche Repressionen zur Folge haben.
Sowohl Kast als auch die Kommunistin Jeannette Jara haben in ihren Wirtschaftsprogrammen angekündigt, Rohstoffexporte, Investitionsschutz und Großprojekte weiter auszubauen. „Die Kosten dieses Wirtschaftsmodells zahlen vor allem indigene Gemeinschaften, Umweltverteidiger und soziale Bewegungen“, warnt Jan Königshausen, GfbV-Referent für Indigene Völker.
Besonders alarmierend sei der politische Aufstieg von José Antonio Kast, dessen Rhetorik und Programm an die Zeit der Militärdiktatur erinnern und eine harte Sicherheitsagenda mit der gezielten Kriminalisierung indigener Aktivisten verbindet. „Insbesondere für das Mapuche-Volk, das in den Regionen Biobío, Araucanía und Los Ríos ohnehin massiver Repression ausgesetzt ist, würde die Wahl von Kast einen weiteren Rückschritt bedeuten: mehr Militarisierung, Einschränkung von Landrechten und eine Gleichsetzung legitimer sozialer Forderungen mit Terrorismus“, so Königshausen.
Die breite Unterstützung für Kast zeige, wie fragil demokratische und menschenrechtliche Errungenschaften in Chile weiterhin sind. Zentrale Themen im Wahlkampf waren durch alle Parteien hinweg Migration und eine angeblich damit zusammenhängende Zunahme der Kriminalität. Vor allem letztes entbehrt allerdings jeglicher statistischen Grundlage.
Angesichts der besorgniserregenden Entwicklungen habe Deutschland eine Verantwortung, sicherzustellen, dass Menschenrechte und internationale Verpflichtungen wie ILO 169 und das Recht indigener Gemeinschaften auf freie, vorherige und informierte Zustimmung in den Handelsbeziehungen mit Chile konsequent umgesetzt werden. Stattdessen habe Deutschland mit der Zustimmung zum „Fortgeschrittenen Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und Chile“ kurz vor den Wahlen einen Kurs gestärkt, der wirtschaftliche Interessen über Menschenrechte stellt.
Der Bundestag hatte alle drei Gesetzentwürfe zur Ratifizierung des neuen EU-Chile-Abkommens im November verabschiedet. Das Abkommen sieht vor, nahezu sämtliche Zölle abzuschaffen, Investitionen umfassend abzusichern und bestehende bilaterale Investitionsschutzverträge – auch den deutsch-chilenischen Vertrag von 1991 – durch neue Verträge zu ersetzen.
„Das Abkommen wird als modern und wertebasiert verkauft, enthält aber kaum wirksame Mechanismen zum Schutz von Indigenen Völkern und Minderheiten“, sagt Jan Königshausen, Referent für Indigene Völker bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). „Es stärkt Investorenrechte, ohne sicherzustellen, dass internationale Verpflichtungen zum Schutz indigener Rechte eingehalten werden.“
Sie erreichen Jan Königshausen unter j.koenigshausen@gfbv.de oder 0551/49906-14.
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