Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Gefangenenaustausch mit Russland vor einem Jahr (1.8.): Deutschland muss Einsatz für Freilassung politischer Gefangener aus russischer Haft verstärken
„Deutschland muss sich viel stärker als bisher für die Freilassung politischer Gefangener in Russland einsetzen“, fordert Sarah Reinke von der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen ein Jahr nach dem Austausch von 16 Gefangenen aus Russland und Belarus am 1. August 2024.
Mehr als 1.500 Menschen sind in Russland aktuell laut Angaben der Menschenrechtsorganisation OVD-Info wegen politischer Gründe in Haft. Reinke macht darauf aufmerksam, dass Angehörige von Minderheiten und Indigenen Völkern zu den Gruppen gehören, die von der russischen Regierung massiv verfolgt werden. Zehntausende Angehörige der indigenen Bevölkerung der Krim seien seit der russischen Besetzung 2014 aus Angst vor Verfolgung aus ihrer Heimat geflohen. Immer noch seien 134 Krimtataren aus ethnischen, religiösen oder politischen Gründen in russischer Haft: Viele hätten extrem hohe Haftstrafen über zehn Jahre bekommen und seien von der Krim in weit entfernte Regionen verlegt worden, damit ihre Verwandten und Anwälte keinen Kontakt zu ihnen halten könnten.
„Sie dürfen nicht vergessen werden!“, mahnt Reinke. „Im Gegenteil, Deutschland muss weiter an den vielen Einzelfällen dranbleiben und alles daransetzen, dass politische Gefangene aus dem unmenschlichen russischen Haftsystem freikommen.“
In Russland selbst werden Menschenrechtsverteidiger, Anwälte, Journalisten sowie Menschen, die den Krieg gegen die Ukraine oder die Politik des Kremls kritisch sehen, verfolgt. Vor wenigen Tagen verabschiedete die Duma ein Gesetzespaket, das die Hürden für eine strafrechtliche Verfolgung noch weiter senkt. „Auch aufgrund dieser Entwicklung ist es ein ganz falsches Signal, dass Bundesinnenminister Dobrindt kürzlich die humanitären Aufnahmeprogramme gestoppt hat. Sie waren eine Möglichkeit für Menschenrechtsverteidiger aus Russland, manchmal in letzter Minute dem Gefängnis zu entgehen“, kritisiert Reinke.
Vor einem Jahr, am 1. August 2024, ließen Russland und Belarus als Teil eines Gefangenenaustauschs 16 Gefangene ausreisen, darunter den russischen Menschenrechtsverteidiger Oleg Orlov, für dessen Freilassung sich die GfbV mit vielen anderen Menschenrechtsorganisationen eingesetzt hatte.
„Ich kann mich nicht über die Freiheit freuen, die mir unerwartet zuteilgeworden ist, ohne ständig daran zu denken, dass es viele politische Gefangene in russischen Lagern und Gefängnissen gibt. Unter ihnen sind meine Freunde und Mitstreiter, Menschen, die ich kenne und Menschen, die ich nicht kenne. Sie wurden ihrer Freiheit beraubt, weil sie die Wahrheit gesagt haben, weil sie ihre Rechte ausgeübt haben, die ihnen sowohl durch die internationalen Pakte als auch durch die russische Verfassung garantiert sind“, sagte Orlov in einer Rede während der Jahreshauptversammlung der GfbV im Dezember 2024.
Sie erreichen Sarah Reinke, Leiterin der Menschenrechtsarbeit der GfbV, unter s.reinke@gfbv.de oder 0551/49906-13.
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