Röttgen: Bundesregierung versagt bei der Umsetzung von Europarecht
Berlin (ots)
Die Europäische Kommission hat gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtumsetzung von zwei Antidiskriminierungsrichtlinien eingeleitet. Hierzu erklärt der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Norbert Röttgen MdB:
Wieder hat es die Koalition zu verantworten, dass die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleitet. Diesmal waren vier Jahre für die Bundesjustizministerin Zypries nicht ausreichend, um mehrheitsfähige Umsetzungsgesetze dem Deutschen Bundestag vorzulegen. Dies betrifft sowohl die Richtlinie zur Bekämpfung von Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethischen Herkunft als auch die Richtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf.
Diese verschleppte Umsetzung ist jedoch kein Einzelfall. Die Bilanz Deutschlands bei der fristgerechten und korrekten Umsetzung von europäischen Richtlinien ist vielmehr besorgniserregend. Deutschland nimmt bei der Umsetzung von Richtlinien im Europa vor der Erweiterung den 12. Platz ein; gegen wenige andere Mitgliedstaaten gibt es so viele schwebende Vertragsverletzungsverfahren wie gegen Deutschland. Hier besetzen wir den 11. Platz. Bei uns ist die Zahl der überfälligen Richtlinien sogar über zehnmal höher als in Dänemark. Wichtige Gesetze zu Zukunftsthemen bleiben damit auf der Strecke. Beispielhaft ist die Biopatentrichtline zu nennen. Hier ist die Umsetzungsfrist schon seit Juli 2000 abgelaufen!
Andere Länder wie Irland schaffen es, ihr Umsetzungsdefizit in nur 12 Monaten zu halbieren. Die Bundesregierung scheint sich dagegen damit abgefunden zu haben, Richtlinien mit Verspätung bzw. inhaltlich falsch umzusetzen und hierdurch Rechtsunsicherheit zu verursachen. Der regelmäßig von der Bundesregierung vorgetragene Einwand, die föderale Struktur sei für die verzögerte Umsetzung verantwortlich, ist offenkundig nur der Versuch, die langjährige Untätigkeit in europapolitischen Angelegenheiten zu verdecken. Diese Untätigkeit ist vielmehr Ausdruck der inhaltlichen Uneinigkeit und damit der partiellen europapolitischen Handlungsunfähigkeit der rot- grünen Koalition. Den Versuch der Bundesregierung, das Parlament mit drohenden Schadensersatzzahlungen der EU wegen Nichtumsetzung von Richtlinien unter Druck zu setzen, weisen wir entschieden zurück. Wenn die Bundesregierung ernsthaft diesem Missstand abhelfen will, muss sie sich verpflichten, dem Deutschen Bundestag spätestens 12 Monate vor Ablauf der Umsetzungsfrist einen Gesetzentwurf vorzulegen.
Die schleppende Harmonisierung wirkt sich schädigend auf die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands aus und hindert die Bürger und die Wirtschaft, in vollem Umfang am Binnenmarkt teilzunehmen. Dies widerspricht elementar dem Ziel der europäischen Integration.
Der Staat untergräbt darüber hinaus seinen eigenen Anspruch, von seinen Bürgern Rechtsgehorsam zu verlangen, wenn er selber seine Rechtstreue gegenüber der Europäischen Union nicht einhält. Der Staat, der das Recht nicht achtet, stellt seine eigene Glaubwürdigkeit und Autorität in Frage. Daher muss dieses Thema zur Chefsache des Bundeskanzlers erklärt werden. Die Bundesregierung soll die Interessen Deutschlands rechtzeitig in Brüssel einbringen und nicht versuchen, ihre fehlende Durchsetzungskraft durch verzögerte Umsetzung zu kompensieren.
ots-Originaltext: CDU/CSU - Bundestagsfraktion
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