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BLOGPOST Politisierung der Wirtschaft: Ein Ritt auf der Rasierklinge

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Die zunehmende Politisierung der Wirtschaft stellt Unternehmen und ihre Führungskräfte vor neue Herausforderungen. Nicht nur müssen sie den sich verändernden Erwartungen der wichtigsten Stakeholder gerecht werden, auch die richtige Balance auf diesem doch eher ungewohnten und öffentlichkeitswirksamen Parkett will gelernt sein. Leadership-Coach Harald Smolak zeigt, was Führungskräfte tun und lassen sollten, wenn sie politische Haltung zeigen.

Von Harald Smolak

Wie schnell sich das gesprochene Wort von Meinungsführern in Zeiten von Instagram, Twitter, LinkedIn & Co. verbreitet, wissen wir alle. Landen unglückliche Botschaften im Netz, ist der Aufschrei groß, das persönliche Image oder gar der Aktienkurs eines Unternehmens erstmal dahin. Schnelles Gegensteuern oder Schadensbegrenzung sind mühsam, teils ein hoffnungsloses Unterfangen. Nie gab es eine derart global vernetzte Präsenz an (sozialen) Medien – und sie wächst unaufhörlich weiter. Sich in diesen Zeiten als Führungskraft sicher zu bewegen, auf neueste Entwicklungen zu reagieren und klare Haltung zu politischen und gesellschaftlichen Themen zu beziehen, ist ein gewagtes Unterfangen.

Auf der anderen Seite werden die Rufe diverser Stakeholder – von der Kundschaft über die Belegschaft bis hin zu zukünftigen Mitarbeiter*innen – nach politischem Agenda-Setting immer lauter. Diverse Umfragen zeigen, dass gerade Nachwuchskräfte von ihren Führungskräften erwarten, dass sie zu relevanten politischen Entwicklungen klar Stellung beziehen. Es ist mitunter ein wichtiges Kriterium bei der Jobsuche oder Mitarbeiterbindung, welche gesellschaftlichen oder politischen Botschaften ein Unternehmen nicht nur nach außen sendet, sondern auch nach innen glaubhaft vertritt. Und diese Authentizität kann mit einer bewusst gesteuerten Stellungnahme zu einem umstrittenen politischen Thema durchaus erreicht werden.

Politische Haltung: Fluch und Segen zugleich

Die Befähigung zur adäquaten Kommunikation in der Öffentlichkeit ist zu einem wichtigen Soft Skill geworden – nicht nur in Bezug auf das eigene Manager-Profil, sondern vor allem als Repräsentant des Unternehmens. Ein ausgeprägtes Kommunikationsverständnis und soziales Interaktions-Know-how sind neue Schlüsselkompetenzen. Unternehmenswerte, Strategien und nachhaltige Zukunftsvisionen können heutzutage zwar via digitaler Medien kommuniziert werden, das persönliche Wort einer Führungskraft besitzt aber jenseits aller Tweets unangefochtene Strahlkraft. Mit jeder einzelnen Äußerung werden Führungskräfte sichtbarer, je nach Thema gegebenenfalls nahbarer, sie machen sich vor allem aber auch angreifbarer.

Klare Haltung zeigt zwar Mut und eine bestimmte Richtung in der Denkweise. Die Botschaft einer Nachricht und wie diese interpretiert wird, entscheidet jedoch immer der Empfänger. Und genau hier liegt das Risiko, denn der Sender muss mit dem Echo zurechtkommen, auch wenn er es noch so gut gemeint hat, wenn es noch so sachlich formuliert war. Allen kann man es nicht recht machen. Falls eine getätigte Äußerung in der eigenen Nachbetrachtung doch zu einem Umdenken führen sollte, zu einer Einsicht, dann sollte man das auch so kommunizieren und persönliche Eitelkeiten hinten anstellen. Es wirkt viel authentischer, ja sympathischer, wenn man zu einem Fehler oder der falschen Wortwahl steht, statt ihn gegen alle Widerstände zu verteidigen. Glaubwürdigkeit ist unerlässlich für eine verantwortungsvolle Positionierung.

Gesunde Selbsteinschätzung vonnöten

Wenn Führungskräfte sich also dazu entscheiden, aktiv Stellung zu beziehen zu politischen Themen, die möglicherweise einen Einfluss auf die wirtschaftlichen Unternehmungen haben, dann sollte das anhand einer durchdachten Kommunikationsstrategie erfolgen. Einer Strategie, bei dessen Planung und Umsetzung auch Unterstützung von Expert*innen zugelassen werden sollte. Sie müssen sich ganz im Sinne ihrer Belegschaft darüber bewusst sein, dass ihre Worte massiv die öffentliche Wahrnehmung ihres Unternehmens beeinflussen können. Dass sie nicht nur – im positiven oder negativen Sinne – auf das Image einzahlen, sondern es auch je nach getätigter Äußerung zu internen Diskussionen unter den Mitarbeiter*innen führen und man in ihrer Gunst sinken kann. Ist eine öffentlich getätigte Aussage erst einmal im Netz, ist sie für alle Zeiten präsent und in den Köpfen verankert.

Gerade deshalb sollten sich Unternehmen auch genauestens überlegen, wen sie vor die Mikrofone respektive zu einer Stellungnahme bewegen. Denn natürlich macht es einen Unterschied, ob der Vorstandsvorsitzende eines Unternehmens seine Ansichten preisgibt oder es aus dem mittleren Management erfolgt. Sicherlich ist auch nicht jeder für solch einen Auftritt geeignet. Die breite Öffentlichkeit sowie die engsten Stakeholder bemerken sehr schnell, ob es sich um eine bewusst "herbeigesteuerte" Inszenierung oder ein ernst gemeintes, gar persönliches Anliegen in Kontext der gesellschaftlichen Verantwortung handelt. Eine gesunde Selbsteinschätzung ist deshalb unbedingt vonnöten: Wird eine Stellungnahme von mir erwartet? Gibt es einen konkreten Bezug zu meinem Unternehmen, zu den eigenen Anspruchsgruppen? Fühle ich mich wohl mit der Thematik? Je brisanter der Kontext und je größer der Kreis an Adressaten, desto genauer gilt es abzuwägen. Wer dies beachtet, kann sich guten Mutes auf dieses abenteuerliche Terrain begeben.

Zur Person: Harald Smolak ist Partner und Leiter Human Capital Management bei der Atreus GmbH in München. Sein Fokus liegt auf den Bereichen Mindful Leadership, Coaching von Top-Führungskräften, Konfliktmanagement, Organisations- und Teamentwicklung sowie Unternehmenstransformationen.

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Dieser Beitrag ist ein Original-Post aus dem news aktuell Blog:

https://treibstoff.newsaktuell.de/politisierung-der-wirtschaft-ein-ritt-auf-der-rasierklinge/

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