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Mittelbayerische Zeitung: Zeit für neue Bündnisse/ Nach der Landtagswahl in Bayern wird vieles anders sein. Nicht nur politisch ist es Zeit, neu zu denken. Die alten Rezepte greifen nicht mehr.

Regensburg (ots)

Wenn die Menschen in Bayern in zwei Wochen gewählt haben, wird vieles anders sein. Die CSU wird ihre absolute Mehrheit höchstwahrscheinlich verloren haben. Die AfD wird ziemlich sicher im Landtag sitzen, vielleicht in ähnlicher Fraktionsstärke wie die SPD. Es wird höchstwahrscheinlich eine Regierungskoalition unter Beteiligung der Grünen geben. Das muss man sich, in Bayern, einmal durch den Kopf gehen lassen, nach den langen und wiederholten Abneigungserklärungen beider Seiten, der CSU wie der Grünen. Kurzum, es wird neue Zustände geben. Und das ist etwas Gutes. Das Alte funktioniert nicht mehr. Es reicht eben nicht, weiter zu machen, als sei nichts passiert. In den vergangenen drei Jahren haben sich viele Dinge ereignet, die unser Zusammenleben, unsere Politik, unseren Alltag nachhaltig geprägt haben. Die Migration ist nicht Mutter aller politischen Probleme. Wichtig ist an dieser Stelle das "politischen"; denn Innenminister Horst Seehofer ist sein Ausspruch zum Vorwurf gemacht worden vor allem auch wegen der Verkürzung des Zitats. Dieses bewusste oder unbewusste Herausreißen von Dingen aus ihrem Zusammenhang und die Empörung über die so oft verfälschten Aussagen sind ebenfalls Kennzeichen der grundlegenden Veränderung, die unsere Gesellschaft erfasst hat. Die Migration hat die politische Landschaft verändert, eben weil kein Politiker eine Antwort auf die Fragen gab, die sich stellten. Als diese Antworten dann kamen, war die Stimmung schon viel zu polarisiert, um sie zu beruhigen. Es gab die Ausschreitungen in Chemnitz. Es gab Übergriffe vielerorts, echte, erfundene und verbale. Letztere nicht nur gegenüber Menschen mit anderer Hautfarbe, Herkunft oder anderem Glauben, sondern auch in den Parlamenten. In den Echokammern der Sozialen Netze sowieso. Auch viele Medien haben ein schlechtes Bild abgegeben, weil sie nicht Berichterstatter waren, sondern Journalismus mit Politik oder, noch schlimmer, mit Selbstdarstellung verwechselt haben. Der Schaden an der eigenen Glaubwürdigkeit ist oftmals schwer wieder gut zu machen. Die Erfahrung zeigt: Wer einmal aus Enttäuschung den Glauben an die Medien verloren hat, ist schwer zu überzeugen, künftig wieder das Radio oder den Fernseher anzuschalten, um Nachrichten zu hören oder zu sehen, geschweige denn, ein Abonnement abzuschließen. Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir erkennen müssen, dass vieles anders werden muss. Dazu braucht es neue Koalitionen. Über politische Lager hinweg. Schwarz-Grün in Bayern könnte Horizonte öffnen, Stimmungen vereinen, die bislang gegeneinander arbeiteten. Das könnte helfen, dass demokratisch gesinnte Kräfte in unserer Gesellschaft stärker um bestmögliche Lösungen ringen, statt um Machterhalt - oder sich zumindest diesem Vorwurf ausgesetzt sehen. Denn es stimmt schon: Die Streitereien zwischen CDU und CSU, die dieses Jahr überschattet und oft politisch gelähmt haben, hatten oft einen Sinn. Es ging der CSU auch ernsthaft darum, Positionen festzulegen, damit die sonst oft herrschenden Leerräume in politischen Fragen nicht von rechts gefüllt werden (und ja, es ging auch um Wahlkampf). Aber richtig ist auch, dass sich außerhalb Bayerns Menschen fragten, warum eine Partei die Bundespolitik an den Rand des Scheiterns führt, die sie nicht einmal gewählt haben. Es ist Zeit für neue Koalitionen. Auch außerhalb der Parlamente. Der Feind der Demokratie ist mitten unter uns. Er mag derzeit in Form der AfD personalisiert sein. Doch sein eigentlicher Name ist Angst. Angst vor Armut im Alter. Angst vor dem sozialen Abstieg. Angst vor dem Fremden. Vor der neuen Zeit, die viele Menschen, die nicht von ihr profitieren, nicht mehr verstehen. Dies zu überwinden, braucht neue Koalitionen. Übrigens auch in Berlin.

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