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NRZ: Bergbau wird verklärt, Wandel dauerte zu lange und Braunkohle gibt`s immer noch - von MANFRED LACHNIET

Essen (ots)

Bereits in den 1950er-Jahren lautete eine Überschrift in der NRZ: "Bergbaukrise an der Ruhr, immer mehr Zechen müssen schließen". Mehr als 60 Jahre ist das her, der Niedergang dauert also schon zwei Generationen. Wenn nun das Aus des Bergbaus gewürdigt wird, dann wird unterschlagen, dass im rheinischen Revier fleißig weiter abgebaut wird: Braunkohle. Die Fossilen halten sich hartnäckig. Der Bergbau wird in diesen Tagen gern verklärt. Wahr ist: Die Kumpel haben schwer gearbeitet, den Aufschwung miterarbeitet und untereinander eine Mitmenschlichkeit entwickelt, die beispielhaft ist. Dafür gebührt ihnen großer Dank. Nicht so gern erwähnt wird, was der Bergbau als Industrie angerichtet hat. Über Jahrzehnte starben unzählige Bergleute qualvoll und früh an Staublunge. Ganz zu schweigen von den Unglücken über und unter Tage. Heutzutage und mit Blick auf den Arbeitsschutz ist das unvorstellbar. Hochmütig war das Verhalten der Montan-Manager, die lange ihre Flächen nicht freigaben, um anderen Industrien mit neuen Berufen Platz zu machen. Daimler wollte sich ansiedeln, Ford auch, alle wurden sie abgewiesen. Politik und Gewerkschaften spielten dabei eifrig mit. Nur so konnte sich eine Mono-Struktur bilden, die das Ruhrgebiet nach wie vor lähmt. Und als die Politik nicht mehr weiterwusste, da schickte sie Zigtausende Kumpel mit 50 oder noch jünger in den gut bezahlten Vorruhestand. Das waren allesamt bestens ausgebildete Männer - und heute klagt man über Facharbeitermangel... Schließlich noch die gewaltigen Umweltsünden: Riesige Flächen sackten so tief ab, dass sie auf ewig entwässert gehören. Ganz zu schweigen von den enormen Schäden, die der Bergbau an Immobilen anrichtete. Welche Industrie kann solch eine Bilanz aufweisen? Natürlich war es richtig, den Niedergang des Bergbaus mit Steuergeldern abzufedern. Es ging um zu viele Arbeitsplätze. Dennoch wurde zu wenig getan, um die Region weiterzuentwickeln. Wozu solch kurzfristiges Denken und Handeln führt, kann man heute zwischen Duisburg und Dortmund erleben. Man sieht mehr Industrie-Erinnerungsbauten als Zeugnisse von Aufbruch und Wandel. Der einzelne Kumpel kann für all dies nichts. Er wird heute vor allem an das einmalige Gemeinschaftsgefühl zurückdenken, das die Bergleute trotz aller Mühen und Gefahren entwickelt haben. Dieser Solidarität fehlt nun das Fundament. Dabei wäre unsere Gesellschaft eine bessere, wenn sich mehr Leute wie Kumpel verhalten würden.

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