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WAZ: Muss Guttenberg zurücktreten? Ein Pro (Lutz Heuken) und contra (Miguel Sanches)

Essen (ots)

Pro:

Wenn Karl-Theodor zu Guttenberg die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht sehr rasch und sehr klar entkräften kann, muss er zurücktreten. Der Diebstahl geistigen Eigentums ist keine Kleinigkeit, keine Jugendsünde, kein Kavaliersdelikt. Es ist schlicht schäbiger Betrug. Dafür, dass zu Guttenberg die Vorwürfe tatsächlich entkräften kann, spricht im Moment wenig. Was soll er denn anführen? Verzeihliche Schlampigkeit? Bei der Zahl und der Prägnanz der ihm unterstellten Plagiate eine wenig glaubhafte Ausrede. Unwissenheit gar? Wohl nur dann glaubwürdig, wenn nicht er, sondern ein bezahlter Lohnschreiber die Dissertation angefertigt hätte. Das aber wäre ja noch schlimmer! Nein, der smarte Freiherr von und zu Guttenberg sitzt in der Klemme. Und es ist zweifelhaft, wie lange die Boulevardmedien, die ihn zum Polit-Star aufgebauscht haben, noch zu ihm halten. Doch selbst wenn er diese Affäre politisch eine Zeitlang überlebt - sein Image als Saubermann ist er endgültig los. Guttenberg, dessen selbstverliebte Auftritte manchmal so wirken, als seien sie schlecht inszenierte Sequenzen aus der RTL-Serie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten", täte sich und der politischen Kultur einen Gefallen, wenn er rasch zurückträte.

Contra:

Fehler passieren. Auch Karl-Theodor zu Guttenberg sind sie unterlaufen. Aber er muss nicht zurücktreten, weil er bei seiner Dissertation nicht korrekt genug war. Es ist lange her, muss erst untersucht werden, sagt über seine Amtsführung als Minister der Verteidigung nichts aus. Der Mann ist genug gestraft mit der Peinlichkeit, als Minister der Selbstverteidigung und als Hochstapler dazustehen. Das letzte Wort im akademischen Konflikt gehört der Uni Bayreuth. Der Franke ist gut beraten, den Doktortitel nicht zu führen. Das Phänomen Guttenberg ist ein Produkt der Medien. Partout wollten sie einen Marschallstab im Tornister des Freiherren sehen - nur brechen sie den Stab über ihm. Heute "Hosianna", morgen "Kreuzigt ihn" - was soll das? Kommt nichts nach, ist er durch Feuer gegangen. Kommt was nach, gehört er gefeuert. Aus Fehlern kann man lernen. Mehr Schein als Sein ist keine Art. Vielleicht ist dieser Vorfall der Schliff, den er gebraucht hat. Vielleicht trägt es dazu bei, dass der Gernegroß nun geerdet wird. Die Toleranzgrenze ist erst dann überschritten, wenn er entweder der Lüge überführt wird oder die Universität ihm in der Plagiats-Affäre einen Vorsatz nachweist.

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