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Berliner Morgenpost: Das Ende der Langeweile - Leitartikel

Berlin (ots)

Die Symbolsprache ist eindeutig: Gibt es Erfolge zu
vermelden, tritt die Chefin persönlich auf die Bühne. Niederlagen 
dagegen muss Pofalla verkaufen. Gestern Abend hatte der CDU-General 
eine ganze Menge zu tun: Zwei absolute Mehrheiten sind der 
Kanzlerinnenpartei abhanden gekommen, mindestens ein 
Ministerpräsident, dazu wichtige Rathäuser in NRW. Vier Wochen vor 
der geplanten Wiederwahl hat die siegesgewisse Union einen Dämpfer 
bekommen.
War dieser kleine Superwahlsonntag, bei dem immerhin ein Drittel der 
deutschen Wahlberechtigten zur Urne gerufen war, aber nun ein 
eindeutiges Zeichen für die Bundestagswahl in vier Wochen? Nein, 
ebenso wenig wie die Europawahl vor der Sommerpause. Die Republik 
erlebte allenfalls Momentaufnahmen, aber keine verlässlichen Hinweise
darauf, wer künftig das Land regiert.
Fakt ist: Der deutsche Wähler ist unberechenbarer denn je, vieles ist
denkbar: Von Rot-Rot-Grün bis Jamaika im Saarland, von der großen bis
zur schwarz-gelben Koalition in Sachsen, sogar ein linker 
Ministerpräsident in Thüringen. Mit diesem Sonntag ist die 
Bundesrepublik wieder eine buntere Republik geworden. Denn von der 
Schwäche der SPD hat die CDU nicht profitiert, aber die drei Kleinen 
allesamt von den bröckelnden Großen.
Sicher ist: Die Bürger wollen keine absoluten Mehrheiten, sondern 
Koalitionen. Was sich im politischen Labor Hessen vor eineinhalb 
Jahren andeutete, hat nun auch andere Teile der Republik ergriffen, 
in Ost wie West: Das Fünf-Parteien-System ist eine Realität, die neue
Zwänge, aber auch neue Möglichkeiten bietet, auch wenn sie derzeit 
noch nicht verwirklicht werden. FDP und Grüne entwickeln sich mehr 
denn je zu den Königsmachern.
Die Botschaft für Berlin ist eindeutig. Auch wenn die SPD eine 
historische Schwächephase erlebt, hat die Union noch nicht gewonnen. 
Jeder, der schon Ministerposten verteilte, sieht sich getäuscht. Die 
Kanzlerin mag sich an die traumatischen Abende der Bundestagswahlen 
2002 und 2005 erinnern, als die Regierung mit der FDP jeweils schon 
ausgemacht war, und dann doch alles anders kam.
SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier steht dagegen erneut vor der 
unlösbaren Aufgabe, einer rot-rot-grünen Koalition eine überzeugende 
Absage zu erteilen. Alle wissen: Eines Tages ist es soweit, die Frage
ist nur wann. Paradoxerweise bietet derzeit Oskar Lafontaine den 
besten Schutz vor einem linken Dreier-Bund. Solange der sinistre 
Saarländer bei der Linkspartei wirkt, hat die SPD einen wirklich 
guten Grund, eine Koalition im Bund zu unterlassen. Gut möglich 
übrigens, dass an der Saar und in Thüringen bei der Regierungsbildung
auf Zeit gespielt und ein Bündnis erst nach dem 27. September 
beschlossen wird, um Steinmeier die entsprechende Debatte zu 
ersparen.
Die nächsten vier Wochen jedenfalls dürften spannend werden. 
Entschieden ist nichts. Jede Stimme zählt. Die Zeit des 
Langeweile-Wahlkampfs ist vorbei.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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