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ARD-MiMa: "Kultur der Angst" - Umfrage zu Machtmissbrauch an deutschen Bühnen

Berlin (ots)

"Kaum jemand traut sich mehr, sich kritisch zu äußern aus Angst, das könne zur Nichtverlängerung führen." Dies ist eine der mehr als 400 Schilderungen zu Machtmissbrauch an deutschen Bühnen von Betroffenen in einer anonymen Online-Umfrage. Andere berichten: "Ich habe angesprochen, dass eine Kultur der Angst geschaffen wird, daraufhin wurde ich (...) aufs Massivste eingeschüchtert." Oder: "Es herrscht ein Klima der Angst. Weil aus heiterem Himmel die Hölle losbrechen kann."

Durchgeführt haben die nicht repräsentative Umfrage rbb-Reporter für das ARD-Mittagsmagazin. Rund 750 Bühnenschaffende aus allen Bundesländern haben sich daran beteiligt. Ergebnis: Fast 90 Prozent geben an, dass sie persönlich schon mit Machtmissbrauch konfrontiert waren. Fast in jedem zweiten Fall seien die meist verbalen Übergriffe von der künstlerischen Leitung, also den Intendantinnen und Intendanten, ausgegangen, aber auch von anderen Personen, die mehrheitlich in Leitungspositionen arbeiten.

Unter den mehr als 400 Bühnenschaffenden, die ihre Erfahrungen detailliert schildern, sind Schauspielerinnen, Sänger, Tänzerinnen und Mitarbeiter der technischen Betriebe von deutschen Bühnen. In den beschriebenen Fällen geht es um Kündigungsandrohungen, Handgreiflichkeiten, verbale und sexualisierte Gewalt.

71 Prozent derer, die an der Umfrage teilgenommen haben, nehmen ein "Klima der Angst" in ihrem Kulturbetrieb wahr. Zu den Umfrageergebnissen äußert sich der Landesvorsitzende der Genossenschaft Deutscher Bühnenmitarbeiter (GDBA) von Nordrhein-Westfahlen Raphael Westermeier "schockiert, aber nicht überrascht". Daraus entstehe ein klarer Arbeitsauftrag, Regularien zu schaffen, um Machtmissbrauch zu verhindern. Strukturell begünstigt werde der Machtmissbrauch durch die Machtkonzentration bei den Intendantinnen und Intendanten und die Bedingungen des Tarifvertrages. Die Verträge für Bühnenschaffende gelten in der Regel nur für ein Jahr und werden automatisch verlängert, können aber aus sogenannten "künstlerischen Gründen" nicht verlängert werden. Belegt werden müssen diese nicht.

Die Gewerkschaft der Bühnenschaffenden GDBA fordert eine möglichst rasche Reform des Vertrages und bezeichnet ihn als sozial nicht hinnehmbar.

Der Bühnenverein, der die Theater als Arbeitgeber repräsentiert, sieht keine Nachteile darin, dass die Tarifverträge nur ein Jahr dauern. Das Recht zur Nichtverlängerung folge aus der künstlerischen Freiheit, da man sich im künstlerischen Prozess zu einer Zusammenarbeit auf Zeit verabrede. Die Gründe einer Nichtverlängerung müssten der beschäftigten Person allerdings konkret und nachvollziehbar kommuniziert werden, bekräftigt der Bühnenverein gegenüber dem rbb. Der Tarifvertrag habe sich in den letzten Jahren außerdem wesentlich verändert, etwa durch den Schutz von Schwangeren im Nichtverlängerungsrecht und der Erhöhung der Einstiegsgage.

Die Tarifverhandlungen zur Arbeitszeit zwischen dem Bühnenverein als Arbeitgebervertretung der Theater und den Gewerkschaften der Kunstschaffenden (GDBA, BFFS, VdO) sind diese Woche (am 27.06.) allerdings gescheitert. Die Gewerkschaften fordern unter anderem eine Reduktion der Arbeitsbelastung.

Pressekontakt:

Rundfunk Berlin- Brandenburg
ARD-Mittagsmagazin
Tel.: 030 - 97993 - 55504
mima@rbb-online.de
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