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Börsen-Zeitung: Verwirrspiel der Fed, Börsenkommentar "Marktplatz", von Dieter Kuckelkorn.

Frankfurt (ots)

Wer noch irgendwelche Zweifel daran hatte, dass die Märkte in einem sehr hohen Maß am Tropf der Notenbanken hängen, wird wohl jetzt klarer sehen: Mit dem Kommuniqué zur Zinssitzung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) vom Mittwochabend kamen bei einigen Notenbankauguren und Marktteilnehmern Zweifel auf, ob mit dem Tapering, also der Kürzung des liquiditätsspendenden Bondkaufprogramms durch die Fed, wirklich erst im kommenden Jahr zu rechnen ist. Bislang war man an der Wall Street davon ausgegangen, dass die Fed ihren Geldsegen von 85 Mrd. Dollar pro Monat im Frühjahr des kommenden Jahres einschränken wird.

Die Reaktion auf die möglicherweise geänderte Perspektive der US-Notenbanker kam prompt: An den Aktienmärkten kehrte Unsicherheit ein, der Dax hat seine Rekordfahrt vorerst unterbrochen. Noch signifikanter ist die Entwicklung beim Währungspaar Euro/Dollar: Vor wenigen Tagen stand die Gemeinschaftswährung noch oberhalb der Marke von 1,38 Dollar. Am Freitag ist sie dann unter 1,35 Dollar gerutscht.

Die Sorgen der Marktteilnehmer hat ein Hinweis im Text zur Zinsentscheidung der US-Notenbank ausgelöst, den es nach dem vorigen Treffen des Offenmarktausschusses der Fed im September noch gegeben hatte, der aber nun fehlt: Eine Straffung der Geldpolitik, so hatte die Fed vor einem Monat die Märkte wissen lassen, könne das Wachstum der Beschäftigung und der Konjunktur verlangsamen. Davon ist aktuell nicht mehr die Rede.

Zudem unterließen es Amerikas Zentralbanker unter Führung von Fed-Chairman Ben Bernanke, im Text der Erklärung Bemerkungen über die schädlichen konjunkturellen Folgen des Etatstreits zu hinterlassen. Nun ließe sich einwenden, dass es auch für einen Zentralbanker nicht unbedingt zum guten Ton gehört, öffentlich über seine Arbeitgeber, die US-Regierung und den Kongress, der Umbesetzungen an der Fed-Spitze zustimmen muss, herzuziehen. Insofern könnte man die Meinung vertreten, dass der Unterlassung keine besondere Bedeutung beizumessen ist. Am Freitag hat dann aber ein durchaus prominenter US-Währungshüter - nämlich Charles Plosser, der Präsident der Notenbankfiliale von Philadelphia - angemerkt, die Wirkungen des Streits in Washington, der die US-Regierung und ihre Behörden für zwei Wochen lahmlegte, seien "geringfügig und vorübergehend". Plosser legte noch nach, indem er mahnte, die Geldpolitik dürfe sich nicht von der Haushaltspolitik abhängig machen. Diese Ansichten korrespondieren nicht gut mit der bislang herrschenden Meinung an den Märkten, dass die Budgetauseinandersetzungen die Fed veranlassen, das Tapering um drei bis sechs Monate in die Zukunft zu verschieben.

Noch ist es freilich zu früh, um sagen zu können, ob die Fed am Mittwoch wirklich einen vorgezogenen Einstieg ins Tapering ankündigen wollte oder ob der Wortwahl der Erklärung und den Hinweisen Plossers von einigen Fed-Auguren schlicht zu viel Bedeutung zugemessen wird. Eines ist aber klar: Sofern die Fed ernsthaft darangehen sollte, wieder zu einer in der historischen Perspektive normaleren Geldpolitik zurückzukehren, wird es mit der Partystimmung an den Märkten vorbei sein. Wenn die Notenbankliquidität nicht mehr die Märkte flutet, ist kaum mehr daran zu denken, dass etwa der Dax von Rekord zu Rekord eilt und auf Sicht von nur zehn Monaten um fast 20% voranschreitet, während die Volkswirtschaften der Eurozone im laufenden Jahr im Mittel auf ein Wirtschaftswachstum von ungefähr 0,5% kommen. Mit anderen Worten: Es ist damit zu rechnen, dass die Entkoppelung der Märkte von der Realwirtschaft mit einem Kurswechsel der Notenbanken ihr Ende finden wird.

Ob die Fed allerdings einen solchen Kurswechsel 2014 oder gar noch 2013 durchsetzen kann, steht auf einem anderen Blatt. Das Umfeld sieht eher nicht danach aus: So hat etwa die Bank of Japan unter der Regierung von Premierminister Shinzo Abe erst richtig damit begonnen, den Geldhahn aufzudrehen. Und die Europäische Zentralbank (EZB) muss wohl mit einer weiteren Lockerung darauf reagieren, dass die Inflationsrate in der Eurozone immer weiter zurückgeht und sich damit von der Zielgröße der EZB entfernt.

Den Marktteilnehmern hat die Fed auf jeden Fall wieder einmal vor Augen geführt, dass die Hausse am Aktienmarkt - manche reden bereits von einer Bubble - nicht von Dauer sein kann. Allerdings können sich die Akteure trösten, dass das Ende der Rally möglicherweise noch in der Ferne liegt.

(Börsen-Zeitung, 2.11.2013)

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