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Börsen-Zeitung: Wulffs wohlfeile Worte, Kommentar von Bernd Wittkowski zum Deutschen Bankentag

Frankfurt (ots)

Christian Wulff hat sich beim Deutschen Bankentag nicht lange mit Nettigkeiten und Höflichkeitsfloskeln aufgehalten. Vom "Monster" Finanzmärkte sprach er, anders als Vorgänger Horst Köhler, zwar nicht. Auch verkniff er es sich, Akteure als "Hütchenspieler" zu bezeichnen. Aber zwischen den Zeilen seiner markigen Rede ging es durchaus in diese Richtung. Wenn Banker heutzutage einen leibhaftigen Bundespräsidenten zur Familienfeier einladen, müssen sie über gute Nehmerqualitäten verfügen.

War etwas anderes zu erwarten als eine solche Philippika? Nein. Die Banken haben es sich zwar nicht als Gesamtheit selbst zuzuschreiben, dass sie mehr denn je als die Watschenmänner der Nation herhalten müssen. Aber zu verdanken haben sie ihren dramatischen Reputationsverlust und Vertrauensschaden - ganz zu schweigen vom finanziellen Schaden - der andererseits auch nicht ganz kleinen radikalen Minderheit ihrer Zunft, auf die jeder Branchenrepräsentant, der etwas auf sich hält, kaum weniger eindrischt, als es das Staatsoberhaupt am Donnerstag getan hat.

Die weitreichende inhaltliche Übereinstimmung in den Reden von Bundespräsident und Bankenpräsident ist ja kein Zufall. Und es ist sicher auch nicht nur billige Show, wenn sich Banker heute zerknirscht zeigen. Wulff erkennt auf der Bankenseite eine abgehobene Parallelwelt, Andreas Schmitz konstatiert im eigenen Lager Bedarf an "Resozialisierung". Der eine pauschalisiert mit seiner Kritik zu sehr, der andere differenziert richtigerweise zwischen weißen und schwarzen Schafen, aber grundsätzlich sind beide gar nicht weit auseinander. Kein Wunder: Das Finanzsystem kann nur einmal zerstört werden. Und das würden auch die weißen Schafe nicht überleben.

Dennoch ist es wohlfeil, wenn der Bundespräsident den Banken die Schuld für fast alle Übel dieser Welt in die Schuhe schiebt, einschließlich Landesbanken-Problematik und Staatsschuldenkrise. Für die Sucht trägt außer dem Dealer schon auch der Süchtige Verantwortung. Und entsprechend für die Überschuldung nicht allein der Gläubiger. Insoweit hätte Wulff ja vor seiner Zeit als Bundespräsident seinen Einfluss geltend machen und auf die Schuldenbremse treten können. Wie er als Ministerpräsident eines maßgeblich an einer Landesbank beteiligten Landes auch die Chance gehabt hätte, Restrukturierung und Konsolidierung voranzutreiben. Aber verbale Rundumschläge machen natürlich mehr Spaß.

(Börsen-Zeitung, 1.4.2011)

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