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Börsen-Zeitung: Von wegen nachhaltig, Kommentar von Peter Olsen zum beabsichtigten Verkauf von Opel an Magna

Frankfurt (ots)

Wieder einmal scheint eine Einigung über die
Zukunft des europäischen Geschäfts von General Motors (GM) erreicht. 
Und das von der deutschen Politik sowie der Opel-Belegschaft 
favorisierte Bieterkonsortium Magna/Sberbank könnte tatsächlich das 
Rennen machen. Nachdem es im Frühjahr schon einmal eine 
Absichtserklärung entsprechenden Inhalts gab, vor Wochen der 
kanadisch-österreichische Zulieferer schon von unterschriftsreifen 
Verträgen sprach - das Dementi von GM folgte postwendend -, begrüßen 
nun alle Seiten den beabsichtigten Verkauf.
Den Weg machte zunächst das GM-Board frei, das zuletzt sogar ein 
Verbleiben von Opel im Konzernverbund erwogen haben soll. Die 
Opel-Treuhand gab erst nach einigem Zögern mit Mehrheit ebenfalls ihr
Plazet. Dabei stimmte der für den Bund im Beirat sitzende 
Ex-Conti-Chef Manfred Wennemer dagegen - er gibt dem Konzept keine 
nachhaltige Chance. Und zugleich beeilt sich die deutsche Politik zu 
betonen, bezüglich der finanziellen Unterstützung nicht nachzulegen.
Erstaunlich nüchtern und zurückhaltend wertet Hessens 
Ministerpräsident Roland Koch das Ergebnis. Er spricht von einem 
"entscheidenden Durchbruch" und dürfte damit nicht verkehrt liegen. 
Denn so schön es auf den ersten Blick erscheinen mag, dass der Weg 
für Magna und die staatliche russische Sberbank nun freigeräumt ist -
in trockenen Tüchern ist die Transaktion deshalb noch lange nicht. 
"Die endgültigen Vereinbarungen sollten innerhalb der nächsten Wochen
unterschriftsreif sein und anschließend innerhalb der kommenden 
Monate zum Abschluss gebracht werden", heißt es in der Erklärung des 
GM-Verwaltungsrats.
Ja, weitere Wochen und Monate werden vergehen, bis es über die 
Zukunft der europäischen GM-Standorte Klarheit gibt. Wochen und 
Monate, in denen die seit langem überfällige und teure 
Restrukturierung von GM Europe weiter nur auf Sparflamme betrieben 
werden wird. Der Überbrückungskredit für Opel reicht zur Finanzierung
des laufenden Geschäfts bis Jahresende, für mehr aber auch nicht.
Immer wieder wurde darauf gesetzt, dass GM eine Sanierung des 
europäischen Geschäfts selbst gar nicht finanzieren könne. Zwischen 4
und 6 Mrd. Euro, rechneten Experten und Betriebsrat hoch, würden in 
den nächsten Jahren Stellenabbau und Produktentwicklung verschlingen.
Wer hinterfragt eigentlich, wie belastbar die Finanzen von 
Magna/Sberbank sind, diesen Kraftakt zu bewältigen?
Im monatelangen Ringen zwischen den Parteien war es nur 
vordergründig darum gegangen, einen Investor zu finden, der ein 
Geschäftskonzept vorlegt, das auf Basis wirtschaftlicher Kriterien 
eine nachhaltige Zukunft für Opel bietet und die Interessen aller 
Beteiligten berücksichtigt. Bund und Länder haben sich viel zu früh 
auf Magna/Sberbank als bevorzugten Bieter festgelegt. Nicht nur in 
der Opel-Treuhand selbst hatte es bis zuletzt erhebliche Bedenken 
gegen das Konzept des austrokanadisch-russischen Konsortiums gegeben.
Magna-Gründer Frank Stronach ist nicht über alle Zweifel erhaben, wie
seine fragwürdigen Engagements in Pferderennbahnen zeigen. Und das 
russische Interesse gilt wohl weniger der Rettung von Opel im Westen 
als vielmehr dem Aufbau einer eigenen wettbewerbsfähigen 
Autoindustrie mit Rüsselsheimer Know-how.
Dass GM jetzt doch beidreht, ist nicht nur der eigenen 
Mittelknappheit zuzuschreiben, sondern auch dem erheblichen 
öffentlichen Druck, dem sich die Verantwortlichen des Autokonzerns in
Deutschland ausgesetzt sahen. Die anhaltenden Drohungen der 
Arbeitnehmervertreter haben insoweit ihre Wirkung nicht verfehlt.
Aber weder die deutsche Politik, die rechtzeitig vor der 
Bundestagswahl Ende September ein heikles Thema vom Tisch zu haben 
glaubt, noch die Belegschaften in Europa sollten sich zu sehr als 
Gewinner gerieren. Unter neuer Führung wird Hand an die erheblichen 
Überkapazitäten gelegt werden müssen, auch wenn bereits wieder der 
Fortbestand aller vier deutschen Opel-Standorte beschworen wird.
Mit ihrer über Jahre gepflegten Politik, die Bürden der schwachen 
Nachfrage auf alle GM-Standorte in Europa gleich zu verteilen, haben 
das hiesige Management und die Betriebsräte selbst einen heftigen 
Anteil daran, dass es um GM Europe so schlecht bestellt ist. Den 
absehbaren länderübergreifenden Kämpfen, wer welche Kapazitäten zu 
wessen Kosten kappen muss, kann GM nun mit einiger Gelassenheit 
zusehen. Die Drecksarbeit dürfen genau die machen, die sich für die 
Rettung von Opel so ins Zeug gelegt haben.
Für den einstigen Weltmarktführer, der seine eigenen Interessen 
mit aller Entschiedenheit vertritt, ist vor allem der dauerhaft 
sichere Zugriff auf das technologische Know-how von Opel 
entscheidend. Denn ohne diesen Input käme "New GM" aus der Krise wohl
kaum heraus. Um in den USA den eigenen Marktanteil wieder zu erhöhen 
und mit neuen, effizienteren Fahrzeugen wieder in die Gewinnzone zu 
fahren, bedarf der einstige Weltmarktführer dringend frischer 
Blutzufuhr.
(Börsen-Zeitung, 11.9.2009)

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