Europäischer Rechnungshof - European Court of Auditors
Prüfer: Schwachstellen beim Kampf der EU gegen Betrug
Pressemitteilung
Luxemburg, 15. Dezember 2025
Prüfer: Schwachstellen beim Kampf der EU gegen Betrug
- 27 000 Verdachtsfälle wurden den für die Betrugsbekämpfung zuständigen EU-Stellen 2022–2024 gemeldet.
- Ineffizienter Informationsaustausch beeinträchtigt die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Staatsanwaltschaft und dem Anti-Betrugs-Büro OLAF.
- Rückzahlungen an den EU-Haushalt werden von der EU-Kommission nicht ausreichend überwacht.
Einem neuen Bericht des Europäischen Rechnungshofs zufolge wird die Betrugsbekämpfung der EU durch Mängel beim Informationsaustausch zwischen den wichtigsten dafür zuständigen Stellen beeinträchtigt. Dies habe Auswirkungen auf die Zahl der Untersuchungen und führe zu Verzögerungen. Außerdem könne die EU-Kommission ihrer Kontrollfunktion und allgemeinen Zuständigkeit für den Schutz des EU-Haushalts nicht umfassend nachkommen. Zwar würden infolge der Untersuchungen des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) und der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) Millionenbeträge veruntreuten Geldes eingezogen, der EU-Kommission sei jedoch nicht bekannt, ob auch alle dem EU-Haushalt geschuldeten Beträge zurückgezahlt würden. Vor dem Hintergrund der laufenden Überprüfung der Betrugsbekämpfung in der EU fordern die Prüfer ein neues System, um die Prüfung von Verdachtsfällen und die Durchführung von Untersuchungen zu vereinfachen.
Im Rahmen der Betrugsbekämpfung der EU ermittelt die Europäische Staatsanwaltschaft bei mutmaßlichem Betrug, das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung hingegen ist für Verwaltungsuntersuchungen zuständig. Das OLAF und die EUStA werden außerdem von der Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust), der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) und den nationalen Behörden unterstützt.
"Eine wirksame Zusammenarbeit zwischen allen an der Betrugsbekämpfung beteiligten Stellen – von den EU-Ermittlungsbehörden bis hin zu den nationalen Polizei- und Justizbehörden – ist von entscheidender Bedeutung, um Betrüger in Schach zu halten", so Katarína Kaszasová, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Rechnungshofs. "Die laufende Überprüfung der Betrugsbekämpfungsarchitektur der EU ist die ideale Gelegenheit, um Mängel des Systems in puncto Informationsaustausch und Überwachung zu beheben."
Die Prüfer stellten fest, dass der rechtliche Auftrag des OLAF, der EUStA, von Eurojust und Europol klar definiert ist. Die von ihnen unabhängig wahrgenommenen Aufgaben ergänzten einander und könnten somit einen wirksamen Schutz vor Betrug bieten. Die Stellen schätzten die gegenseitige Unterstützung, die bei Bedarf beantragt werden könne, hätten von dieser Möglichkeit aber in den letzten Jahren nur in relativ wenigen Fällen Gebrauch gemacht.
Die Verfahren für den Umgang mit mutmaßlichem Betrug, welcher der EU finanziell schade, seien komplex. So führten die unterschiedlichen Vorschriften für die Meldung von Verdachtsfällen dazu, dass dieselben Fälle sowohl dem OLAF als auch der EUStA gemeldet würden, was den Verwaltungsaufwand erhöhe. Darüber hinaus stelle das System nicht sicher, dass alle Meldungen, bei denen überprüft werden sollte, ob eine kriminelle Handlung vorliegt, bei der EUStA eingehen. Die Verfahren für eine Weiterleitung von Fällen vom OLAF an die EUStA seien umständlich, und der Austausch von Informationen der EUStA mit dem OLAF sei begrenzt, was den Spielraum für zusätzliche Schutzmaßnahmen schmälere.
Zwischen 2022 und 2024 seien dem OLAF und der EUStA insgesamt 27 000 Betrugsverdachtsmeldungen zugegangen. Bei einem Drittel sei eine Untersuchung eingeleitet worden. Aus den vorliegenden Zahlen gehe hervor, dass die EU-Einrichtungen dem OLAF dreimal mehr Betrugsvorwürfe gemeldet hätten als der EUStA und bei vielen Mitgliedstaaten eine große Diskrepanz bestehe zwischen der Höhe der verwalteten EU-Mittel und der Anzahl der von ihnen übermittelten Verdachtsmeldungen. Die Prüfer fordern die EU-Kommission auf, die Gründe für diese Diskrepanzen zu analysieren und den Ursachen für auffällig niedrige Meldequoten nachzugehen.
Im Anschluss an seine Untersuchungen für den genannten Zeitraum habe das OLAF empfohlen, dass Mittel in Höhe von 615 Millionen Euro an den EU-Haushalt zurückerstattet werden sollten. Bis Ende 2024 seien bereits 23 Millionen Euro zurückgezahlt worden. Im selben Zeitraum habe die EUStA Vermögenswerte in Höhe von 3 Milliarden Euro eingefroren. Infolge der Ermittlungen der EUStA hätten die Gerichte im Jahr 2024 die nationalen Behörden angewiesen, illegal erworbene Mittel in Höhe von 232 Millionen Euro von den Betroffenen einzuziehen. Die EU-Kommission verfüge jedoch über keinen Mechanismus, um zu überwachen, ob die von den Gerichten angeordneten Einziehungen erfolgt seien und der gesamte geschuldete Betrag auch tatsächlich an den EU-Haushalt zurückgezahlt worden sei. Daher müsse die EU-Kommission die Ergebnisse der Betrugsermittlungen besser nachverfolgen, betonen die Prüfer.
Hintergrundinformationen
Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU zu bekämpfen. Mit den finanziellen Interessen sind alle Einnahmen, Ausgaben und Vermögenswerte der EU gemeint. Das OLAF (mit Sitz in Brüssel) sowie Eurojust und Europol (beide mit Sitz in Den Haag) sind seit mehr als 20 Jahren aktiv. Die EUStA (mit Hauptsitz in Luxemburg und operativen Büros in allen EUStA-Mitgliedstaaten) hat ihre Tätigkeit im Jahr 2021 aufgenommen. Die nationalen Behörden müssen mutmaßliche Betrugsfälle der EUStA melden, die Einrichtungen der EU melden sie sowohl der EUStA als auch dem OLAF, alle anderen Stellen oder Privatpersonen können sie einer oder beiden Stellen melden. Die Daten zu den Ergebnissen der Untersuchungen der EUStA und des OLAF sind nicht vergleichbar, da die Fälle der EUStA nicht nur den EU-Haushalt, sondern auch die nationalen Haushalte und andere Geschädigte betreffen. Die EU-Kommission trägt die oberste Verantwortung für die Ausführung des EU-Haushalts und muss sicherstellen, dass alle fälligen Beträge unverzüglich von den nationalen oder EU-Behörden eingezogen werden. Im Juli 2025 leitete die EU-Kommission mit der Veröffentlichung eines Weißbuchs eine Überprüfung der Betrugsbekämpfungsarchitektur der EU ein. Die Betrugsbekämpfungsarchitektur der EU sieht eine Reihe von Strategien, Einrichtungen und Mechanismen zum Schutz der finanziellen Interessen der EU vor. Dadurch sollen Betrug und andere rechtswidrige Handlungen, die dem EU-Haushalt schaden könnten, verhindert, aufgedeckt und bekämpft werden.
Der Sonderbericht 26/2025 "Einrichtungen der EU für die Betrugsbekämpfung: Klare Mandate, aber Informationsaustausch und Aufsicht durch die Kommission nach wie vor unzureichend" sowie ein Kurztext mit den wichtigsten Fakten und Feststellungen stehen auf der Website des Europäischen Rechnungshofs zur Verfügung. Anfang 2026 wird der Rechnungshof einen Sonderbericht über die Betrugsbekämpfung im Zusammenhang mit dem Corona-Aufbaufonds der EU (ARF) veröffentlichen.
Pressekontakt
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