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Gemeinnützige Hertie-Stiftung

Hertie-Berlin-Studie 2009: Wie tickt die Hauptstadt?

Berlin (ots)

   - Gemeinnützige Hertie-Stiftung legt in einer ersten 
     Bevölkerungsstudie repräsentative Daten über Lebenswelten in der
     deutschen Metropole vor

Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung hat in einer groß angelegten Studie unter der Leitung der Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann und Michael Zürn die Bevölkerung der deutschen Hauptstadt nach ihrer Lebenslage und ihrem Lebensgefühl befragt. TNS Infratest Sozialforschung hat die Daten erhoben und ausgewertet. Für diesen neuen Typus einer vertiefenden Stadtstudie gibt es in Deutschland kein Vorbild.

Im Gegensatz zu bisherigen Untersuchungen mit speziellen Themenschwerpunkten nimmt die Hertie-Berlin-Studie die gesamte Bevölkerung der Stadt in den Blick: Sie stützt sich auf eine repräsentativ zusammengesetzte Stichprobe von 2.000 Berlinerinnen und Berlinern ab 14 Jahren. Unabhängig von den Interpretationen der Autoren bietet die Hertie-Berlin-Studie Ausgangsdaten für politische und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse in der Hauptstadt.

   Welche Potenziale lässt die Hertie-Berlin-Studie für die Zukunft 
   Berlins erkennen?

Prof. Dr. Michael Zürn: "Berlin ist eine Stadt der durchlässigen Lebenswelten, die mosaikartig die Stadt zusammenführen. Es ist diese mosaikartige Grundstruktur, die dafür Sorge trägt, dass die Migranten sich nicht ausgeschlossen fühlen, und der alte Ost-West-Gegensatz in der Vielfalt der Milieus verschwunden ist." Prof. Dr. Klaus Hurrelmann: "Eine florierende Entwicklung der Stadt wird davon abhängen, ob die Kreativwirtschaft und die damit zusammenhängende Kulturlandschaft in Berlin mit Geschick weiterentwickelt werden können. Weil die Stimmung der Berliner gut ist, kann die Politik mit ihrer Unterstützung rechnen, vor allem auch der zugewanderten Bevölkerung."

Die wichtigsten Ergebnisse der Hertie-Berlin-Studie:

   Die Berliner gehen hart ins Gericht mit ihrer Stadt und sind doch 
   ihre größten Fans.

Die Berliner sind sich der Haushaltsmisere ihrer Stadt durchaus bewusst. Als besonders belastend empfinden sie die Arbeitslosigkeit - 83 % der Befragten sehen hierin ein großes oder sogar sehr großes Problem - gefolgt von steigenden Preisen (77 %) und zunehmender Armut (69 %). Insgesamt, das zeigt die Hertie-Berlin-Studie, sind die Berliner mit ihrer Stadt aber sehr zufrieden. 89 % der Berliner leben gern in Berlin, 54 % sogar sehr gern.

Die innere Einheit zwischen Ost und West ist vollzogen.

West- und Ost-Berliner treffen sich nicht nur in ihrer hohen Zufriedenheit mit Berlin und einem insgesamt positiven Lebensgefühl, sondern sie legen auch die gleichen Maßstäbe an das Leben an: Ein gutes Familienleben, eine vertrauensvolle Partnerschaft und gute Kontakte zu anderen Menschen stehen bei beiden Gruppen an der Spitze der Wertordnung, Politik und Machtstreben dagegen am Ende. Einhaltung von gesellschaftlichen Spielregeln, Freude am Leben und ihre Individualität sind ihnen gleichermaßen wichtig, das Streben nach materiellem Wohlstand ist dem nachgeordnet.

Deutsche und Migranten in Berlin: Man kommt gut miteinander aus.

Nach den Ergebnissen der Hertie-Berlin-Studie haben 23 % der Berliner ab 14 Jahren einen Migrationshintergrund (13 % deutsche Staatsbürger, 10 % Ausländer). Nach eigenen Angaben pflegen 80 % der Deutschen und 97 % der Migranten in Berlin Kontakte zur jeweils anderen Bevölkerungsgruppe. Insgesamt geben sie sich dabei "gute Noten": 61 % der einheimischen Deutschen und sogar 77 % der Migranten bewerten ihre Kontakte untereinander als positiv.

Die Berliner: Lebenskünstler zwischen Kiez und Weltbürgertum

Die Menschen in Berlin sehen sich fast gleichermaßen als Europäer, Deutsche und Berliner. Die emotionale Bindung an ihr Stadtviertel ist erkennbar, sie ist jedoch deutlich geringer als die Bindung an Berlin als Ganzes - und sogar fast gleichauf mit der Selbstsicht der Berliner als Weltbürger. Die jeweilige Identität als Ost- oder Westdeutsche hat nur untergeordnete Bedeutung. Welchen Blick haben die Berliner auf sich selbst? Sie meinen, typische Berliner "verstehen es, sich zu amüsieren" (86 %), "kommen als 'Lebenskünstler' immer wieder über die Runden" (84 %), "sind selbstbewusst, lassen sich nichts vormachen" (79 %). Sie "haben viele Probleme, machen aber das Beste daraus" (73 %).

   Wirtschaft der Gegensätze: Höchste Hartz-IV-Quote Deutschlands, 
   kreatives Potenzial

Nach der Hertie-Berlin-Studie erhalten 19 % der Berliner ab 14 Jahren Hartz-IV-Leistungen, Grundsicherung bzw. Sozialhilfe oder leben mit einer Person zusammen, die entsprechende Leistungen bezieht. Das ist der höchste Wert aller deutschen Städte. Nur 42 % der Berliner sind erwerbstätig und können von ihrem dadurch erzielten Einkommen leben. Die Hertie-Berlin-Studie weist zugleich einen vergleichsweise hohen Anteil an Beschäftigten innerhalb der "Kreativwirtschaft" nach: Erwerbstätige im Kulturbereich, qualifizierte Beschäftigte in wissensintensiven Dienstleistungen und hoch qualifizierte Fachkräfte in Produktion und Handwerk. 28 % aller in Berlin Beschäftigten gehören der Kreativwirtschaft an. Der kulturelle Sektor allein erbringt 11 % des Berliner Bruttoinlandsprodukts - ebenso viel wie das gesamte verarbeitende Gewerbe.

Sieben Lebenswelten - eine Metropole

Die Hertie-Berlin-Studie verortet die Heterogenität der Stadt anhand von sieben Lebenswelten, die sich teilweise stärker voneinander unterscheiden als Ost und West. In den Kreativquartieren der "neuen Mitte" (Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Kreuzberg) trifft man auf die höchste Zufriedenheit mit Berlin. Ebenfalls vergleichsweise zufrieden - trotz relativer Armut - sind die Bewohner der "proletarisch" verbliebenen westlichen Mitte mit ihren Migrationsquartieren, vor allem in Wedding, Teilen von Tiergarten und Neukölln/Innenstadt. Die einst für die loyale DDR-Mittelschicht auf der grünen Wiese erbaute Ost-Berliner Plattenbaukultur in Lichtenberg, Hohenschönhausen, Marzahn und Hellersdorf zieht wegen des geringen Preisniveaus junge Familien und osteuropäische Zuwanderer an. Eher klassisch-kleinbürgerlich geprägt und relativ statushoch ist der Grüne Ring Ost mit Gebieten in Pankow, Weißensee, Köpenick und Treptow. Das ebenfalls kleinbürgerlich geprägte Berlin Nord-West umfasst im Norden Berlins Reinickendorf und im Westen Spandau. Hier ist die emotionale Distanz zur Stadt besonders hoch. Berlin Süd (Schöneberg, Tempelhof, Friedenau, Steglitz, südlicher Bezirk Neukölln) ist die bevölkerungsreichste und dem Durchschnittsalter nach älteste der Lebenswelten. Lebenslage und -gefühl von Berlin Süd nähern sich in Richtung Westen den Bürgerlichen Statusgebieten in Charlottenburg, Wilmersdorf und Zehlendorf an. Die Zufriedenheit mit Berlin ist hier nach den Kreativquartieren am zweithöchsten.

Alles Wichtige rund um die Hertie-Berlin-Studie finden Sie unter www.hertie-berlin-studie.de .

Die Hertie-Berlin-Studie erscheint am 19. 11. 2008 im Verlag Hofmann und Campe zum Preis von EUR 16,95 [D].

Die Hertie-Stiftung ist mit einem Vermögen von über 800 Mio. EUR eine der größten privaten Stiftungen Deutschlands, seit 1998 ohne jede Unternehmensbindung. Sie versteht sich als Reformstiftung, die in Vorschule, Schule und Wissenschaft Modelle aufzeigen und Hilfe zur Selbsthilfe leisten will. Ihr bislang größtes Projekt in Berlin ist die Hertie School of Governance. www.ghst.de .

Pressekontakt:

Hertie-Stiftung, Dörte Florack,
Tel. 069/660 756-167, FlorackD@ghst.de

Original-Content von: Gemeinnützige Hertie-Stiftung, übermittelt durch news aktuell

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