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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Griechenland-Hilfen

Bielefeld (ots)

Helmut Kohl hätte schon lange das Portemonnaie
geöffnet. Wenn es um Europa ging, kannte der Altkanzler nur Freunde. 
Nicht, dass Angela Merkel den Griechen nicht auch helfen wollte. Doch
das Portemonnaie, in das sie greifen könnte, ist nicht mehr so gut 
gefüllt. Großzügige Überweisungen nach Kohlscher Manier könnten den 
Wählern zu Hause böse aufstoßen. Außerdem würden sie in Griechenland 
und Portugal, in Italien und Spanien den fatalen Glauben stärken: 
Sparen ist Luxus. Wenn es kritisch wird, reicht ein Anruf bei den 
reicheren Verwandten in Berlin und Paris.
Auf der anderen Seite ist Deutschland tatsächlich gehalten, die 
Griechen nicht fallen zu lassen. Denn eines ist seit Helmut Kohl 
gleich geblieben: Kein anderer Staat profitiert so von der 
Europäischen Union wie Deutschland. Das gilt erst recht für die 
Währungsunion und den Euro. In Ostwestfalen-Lippe, wo die 
Möbelindustrie eine Spitzenstellung innehat, kann man sich gut daran 
erinnern, wie es war, als Italien mal wieder einfach über Nacht die 
Lira verbilligte - zum Schaden der deutschen Industrie.
 Gerade weil die Kanzlerin in ihrer ablehnenden Haltung zu direkten 
EU-Finanzhilfen hart geblieben ist, hat die Einigung in Brüssel jetzt
diese positive Wirkung an den Finanzmärkten. Wer auf die 
Zahlungsunfähigkeit Griechenlands (oder demnächst Portugals ... oder 
Spaniens ...) wettet und glaubt, dass die EU schon alles richten 
wird, muss einen extrem langen Atem haben. Dabei riskiert er, viel 
Geld zu verlieren.
Die Hereinnahme des Internationalen Währungsfonds bringt zusätzliches
Know-how im Umgang mit überschuldeten Staaten in die EU. Den Griechen
verdeutlicht es andererseits, wie ernst ihre Situation ist - wie groß
aber auch die Chancen, da selbst das einst bankrotte Argentinien sich
mit Hilfe des IWF seit 2002 aus der Krise herausarbeiten konnte.
Schaut man nur auf das Geld, das aus Washington zu erwarten ist, so 
hätten die Euro-Länder den Fall Griechenland auch ohne den IWF lösen 
können. Trotzdem ist es gut, nicht falschen Stolz vor Vernunft gehen 
zu lassen. Die EU ist nicht die Vereinigten Staaten von Amerika. 
Griechenland ist nicht Kalifornien. Und die Europäische Zentralbank 
in Frankfurt ist nicht die Federal Reserve in Washington. Noch nicht.
Doch der Weg muss in diese Richtung führen.
Der Fall Griechenland zeigt, dass der Vertrag von Maastricht als 
Grundlage für den Euro nicht mehr ausreicht. Das Problem kann 
überhaupt nur gelöst werden, weil die EU kaum versteckt gegen Geist 
und Inhalt ihrer eigenen »No-Bail-out«-Klausel verstößt. Der Vertrag 
schließt finanzielle Hilfen der Gemeinschaft für ein Mitglied 
ausdrücklich aus.
Den Verstoß kann man ein Mal akzeptieren - wenn danach die Regeln 
geändert werden. Das heißt: Hilfe muss auch im Falle anderer 
Euro-Mitgliedsländer möglich sein - jedoch nur gegen weitreichende 
Kontrollen und gegebenenfalls Sanktionen.
Es ist ein weiter Weg nach Maastricht II. Europa muss sich jetzt auf 
den Weg machen.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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