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Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Betreuungsgeld:

Bielefeld (ots)

Das Wort Betreuungsgeld ist seltsam wirkmächtig.
Politiker, insbesondere die der SPD, wie der Bürgermeister von 
Berlin-Neukölln, poltern dann los, als müssten sie dafür ihr geheim 
gehaltenes Sparschwein schlachten. Und sie vergessen im Eifer des 
populistischen Redens, dass es sich bei den potentiellen 
Unterschicht-Empfängern des noch virtuellen Betreuungsgeldes um 
wirkliche Menschen handelt.
Auch wenn ihre Argumente zum Teil richtig sind: Der Generalverdacht, 
der hier gegen alle Eltern mitschwingt, ist unerträglich. Wegen des 
Fehlverhaltens einzelner Gruppen alle Eltern zu bestrafen nach dem 
Motto: Es sind drei Partisanen im Dorf, also bringen wir das ganze 
Dorf um, das ist primitiv. Gegen den Bürgermeister wird deshalb zu 
recht ein Strafverfahren angestrengt. Es geht auch um Menschenwürde.
Worum geht es in der Sache? Ab 2013 soll ein Betreuungsgeld 
eingeführt werden, aber »gegebenenfalls als Gutschein«, damit die 
Mittel auch für die Kinder ausgegeben werden. Familienministerin 
Ursula von der Leyen (CDU) und die FDP zeigen eine Präferenz für die 
Gutschein-Lösung. Es ist der CSU zu verdanken, dass die Geld-Option 
offengehalten wurde - der sich am Wochenende nun auch Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) nach langer Zeit des Schweigens anschloss.
Dahinter steht die richtige Erkenntnis: Erziehung ist eine 
gesellschaftlich relevante Leistung, deshalb sollte es auch besser 
Erziehungsgeld heißen. Aber diese Leistung der Eltern, meistens der 
Mütter, wird kaum wahrgenommen, weil man sie in den 
politisch-medialen Kreisen nicht kennt oder nicht sehen will. Im 
Ausland dagegen, in Frankreich, Schweden, Norwegen und anderen 
Ländern, honoriert man diese Leistung und bietet ein Erziehungsgeld 
in mehrfacher Höhe des deutschen Betrages an.
Es gibt auch ein Land, das bereits Erfahrungen mit Gutscheinen 
gemacht hat: Chile. Unter dem auch in Europa als Diktator bekannten 
Pinochet wurden im Zuge der Bildungsreform Anfang der achtziger Jahre
Bildungs-Gutscheine eingeführt. Gebracht hat es nichts, wie 
wissenschaftliche Untersuchungen ergaben. Aber in Deutschland will 
man offenbar die Pinochet-Erfahrungen selber machen.
Abgesehen von der Zweifelhaftigkeit des Vorbilds, das allerdings zu 
den Entmündigungsplänen im Familienministerium passt, wird eines 
immer vergessen: Das Betreuungsgeld steht nicht wie Hannibal mit 
seinen Elefanten ante portas, sondern es soll erst 2013 eingeführt 
werden. Bis dahin wird es noch weniger Babys geben und vielleicht 
auch einen verfassungskonformen Weg, um die Risiko-Familien anders 
als mit Geld zu unterstützen.
Die große Mehrheit der Eltern, die sich redlich bemühen, sollte man 
jedenfalls nicht mit dem Generalverdacht alkoholisierter 
Dauerfernseher oder prügelnder Paschas überziehen. Die Alternative 
heißt nicht Bier oder Bildung, sondern Wahlfreiheit oder 
Entmündigung.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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