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BDI Bundesverband der Deutschen Industrie

BDI-Präsident Grillo zur Europawahl: Enorme Errungenschaften unseres Kontinents

Berlin (ots)

   - Ukraine-Konflikt zeigt: In Europa darf nicht das Recht des 
     Stärkeren gelten
   - Europa braucht keinen Rückzug in nationale Wagenburgen
   - Brief an rund 1000 Wirtschaftsvertreter

Mit einem Appell, für die Erfolgsgeschichte Europa in ihren Unternehmen zu werben, hat sich Ulrich Grillo, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), über Ostern in einem Brief an rund 1000 Wirtschaftsvertreter gewendet. "Wir Europäer lösen Konflikte durch Verhandlungen und Konsens. In Europa darf nicht das Recht des Stärkeren gelten", warnte Grillo.

Diese Maßgabe gelte auf unserem ganzen Kontinent - auch östlich der EU-Grenze, schrieb Grillo mit Blick auf die Entwicklung in der Ukraine. Der Brief ging gut einen Monat vor der Europawahl an die Chefs der 500 größten deutschen Unternehmen sowie mehr als 400 weitere Unternehmens- und Verbandsvertreter, wie der BDI am Montag in Berlin mitteilte.

Die Ukraine-Krise führe den Deutschen die enormen Errungenschaften der EU wieder deutlich vor Augen, unterstrich Grillo. "Ich hoffe, dass diese Erkenntnis zu einer neuen Wertschätzung der europäischen Einigung führt."

Ein Rückzug in nationale Wagenburgen sei genau das Gegenteil von dem, was Europa brauche. "Keinem ist gedient, die vorhandenen Probleme im Euroraum zu überzeichnen. Realismus ist gut. Aber vergessen wir nicht den Blick auf die unbestreitbaren Erfolge unserer EU", betonte Grillo.

Die EU habe allem voran Frieden und Freiheit in Europa gebracht, stellte der BDI-Präsident fest. Das sei angesichts der Staatsschuldenkrise in den vergangenen Jahren häufig aus dem Blick geraten. Insgesamt sei der Wohlstand seit Start des Binnenmarktes vor 22 Jahren um fast 900 Milliarden Euro gestiegen - etwa 6000 Euro pro Familie.

Bei allen Mühen der Ebene und allen Unvollkommenheiten gelte die EU in vielen Regionen der Welt als attraktives Modell: "Viele Menschen würden sich wünschen, die Chance zu erhalten, mit uns hier zu leben", schrieb Grillo.

"Wir Europäer wählen in Kürze das mächtigste EU-Parlament, das wir je hatten", erklärte der BDI-Präsident. "Ich appelliere an Sie, gerade nun unmittelbar vor der Europawahl für die eindeutige Fortsetzung der Erfolgsgeschichte Europa zu werben - auch in Ihren Unternehmen, in Ihren Freundeskreisen und in Ihren Familien."

Zu Ihrer Kenntnis der Brief im Wortlaut:

Werben Sie für die Erfolgsgeschichte Europa! Prioritäten setzen - für Wachstum und Wohlstand

In gut einem Monat ist Europawahl. Diese Wahl zählt: Es geht um dringende Antworten auf globale Herausforderungen, die kein einzelnes Land und keine einzelne Regierung alleine finden kann. Umso wichtiger sind gemeinschaftliche politische Entscheidungen. Sie machen die EU aus - und zu einem einzigartigen vielstaatlichen Gebilde weltweit.

Für die Vertiefung der EU sprechen nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Gründe. Der Gedanke eines einigen Europas war niemals nur ein materielles Projekt. Es ist vor allem ein ideelles, ein Völker verbindendes Projekt.

Das immer stärker zusammenwachsende Europa hat uns spürbar wirtschaftliche Prosperität gebracht. Wichtiger noch sind der schon fast 70 Jahre dauernde Frieden und die Freiheit, die uns Europa gebracht hat. Diese Werte sind vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse in der Ukraine wieder stärker in den Vordergrund gerückt - und das ist gut.

Wir Europäer lösen Konflikte durch Verhandlungen und Konsens. In Europa darf nicht das Recht des Stärkeren gelten. Diese Maßgabe gilt auf unserem ganzen Kontinent - auch östlich der EU-Grenze.

Mitunter sind Verhandlungen und Konsens ein mühsames Geschäft - zumal unser institutioneller Rahmen noch lange nicht perfekt ist. Daran müssen wir Europäer arbeiten. Vorrangig ist es Aufgabe der Politik, aber die Wirtschaft begleitet diesen laufenden Prozess konstruktiv. Wir im BDI sind deshalb sehr aktiv in Dauerkontakt mit Partnerverbänden anderer EU-Staaten, zuletzt zum Beispiel mit unseren französischen Freunden von Medef, unseren italienischen von Confindustria und unseren britischen von CBI.

Gerade in der stark vernetzten Industrie ist klar: Ein Rückzug in nationale Wagenburgen wäre das genaue Gegenteil von dem, was wir in Europa brauchen. Dieser Rückzug würde kein einziges Problem besser lösen. Die europäische Solidarität würde zerbrechen - ausgerechnet in einer Zeit, in der Europa handlungsfähig sein muss, um als "Global Player" überhaupt noch ernst genommen zu werden.

Zwischen dem 22. und 25. Mai 2014 sind über 400 Millionen Bürgerinnen und Bürger in 28 EU-Mitgliedstaaten aufgerufen, entscheidende Weichenstellungen in ihrem Kontinent vorzunehmen. Je mehr Wahlberechtigte ihr Kreuz machen, desto nachdrücklicher wird das EU-Parlament legitimiert für die Wahlperiode bis 2019.

Anti-EU-Populismus stellt große Errungenschaften infrage. Bei allen Mühen der Ebene und allen Unvollkommenheiten gilt die EU in vielen Regionen der Welt als attraktives Modell. Viele Menschen würden sich wünschen, die Chance zu erhalten, mit uns hier zu leben.

Der Europäische Binnenmarkt, in dem wir mit unseren Unternehmen überwiegend arbeiten, schafft jedes Jahr rund 600 Milliarden Euro zusätzlichen Wohlstand in der EU. Der Handel, der Tag für Tag über nationale Grenzen hinweg, aber innerhalb der EU passiert, ist doppelt so groß, wie er ohne Binnenmarkt wäre.

Insgesamt stieg der Wohlstand seit Start des Binnenmarkts vor 22 Jahren um fast 900 Milliarden Euro - etwa 6000 Euro pro Familie. In dieser Zeit hat der Wettbewerb für höhere Qualität gesorgt und viele Preise gesenkt: Gespräche über Mobiltelefone wurden um rund 70 Prozent billiger, Flugtickets um ungefähr 40 Prozent.

Ich bin überzeugt: Europa ist gut unterwegs, um die großen Herausforderungen der Finanz- und Staatsschuldenkrise zu meistern. Reformen für mehr Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit haben dazu entscheidend beigetragen.

Die Euro-Krisenstaaten sind auf dem Weg aus der Krise weiter vorangekommen, als die meisten jemals angenommen haben. So liegt - überraschend für mich - Griechenland in einem Reformranking der OECD ganz vorn, dicht gefolgt von Irland, Portugal und Spanien.

Noch ist nicht alles gut. Aber vieles ist besser, als wir uns das momentan vorstellen. Die OECD lobt gegenwärtig die initiierten Arbeitsmarktreformen. Dazu zählen etwa die Flexibilisierung der Arbeitszeiten, die Senkung der Mindestlöhne oder die, Dezentralisierung der Tarifverhandlungssysteme. Dies sind für einzelne Beschäftigte, für einzelne Unternehmen sehr große Veränderungen, die durchaus auch schmerzen. Diese Veränderungen haben die Arbeitskosten deutlich gesenkt und Standorte wettbewerbsfähiger gemacht.

Die Konsolidierung der Staatsfinanzen ist im Gros der Krisenstaaten konsequenter vorangeschritten als etwa in den USA oder Japan. Die meisten Krisenländer sind agiler. Überall konnten die zuvor stark angewachsenen Importüberschüsse wieder zurückgehen, um sich einer gesunden Balance anzunähern.

Die EU und ihr Parlament haben zu den Erfolgen maßgeblich beigetragen. Sie haben das Regelwerk der Eurozone in wichtigen Teilen reformiert und zusätzlich Reformdruck ausgeübt: Stabile Staatsfinanzen will die EU in Zukunft besser sicherstellen durch einen schärferen Stabilitäts- und Wachstumspakt, einen Fiskalpakt mit nationalen Schuldenbremsen und ein Rückverweisungsrecht der EU-Kommission, wenn Staaten unsolide Haushaltspläne präsentieren.

An tragfähigen öffentlichen Haushalten führt kein Weg vorbei. Es ist gut, dass Deutschland auf diesem Weg mit gutem Beispiel vorangeht. Dafür hat die Bundesregierung ein ausdrückliches Lob verdient. Möglichst viele andere EU-Staaten sollten dieser Politik folgen.

Der Euro-Rettungsschirm hat eine institutionelle Lücke geschlossen. Zuvor gab es keinen Mechanismus, Euroländern in nötigem Ausmaß zu helfen, wenn diese drohten, vom Finanzmarkt abgeschnitten zu werden. Entscheidend ist für mich: Europäische Solidarität wird mit europäischem Reformdruck verbunden. Ohne die Auflagen und das konsequente Agieren der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds wären die Reformen für mehr Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit nicht so weit vorangekommen.

Nirgendwo in der Welt sind die grenzüberschreitenden Produktionsnetzwerke so eng geknüpft wie in Europa. Fast zwei Drittel aller in Wertschöpfungseinheiten gemessenen hiesigen Exporte gehen an europäische Abnehmer. Zum Vergleich: In den Mitgliedsländern des nordamerikanischen Freihandelsabkommens oder in Asien liegt dieser intraregionale Anteil nur bei rund 40 Prozent.

Die Industrie hat für Europa eine starke integrative Funktion. Das weitere Zusammenwachsen der 28 Mitgliedstaaten zu einem Binnenmarkt wird hauptsächlich von der Industrie getrieben.

Netzwerkbildung ist ein Erfolgsrezept. Empirische Untersuchungen zeigen, dass diese Kooperationsverbünde zu den klassischen Erfolgsfaktoren von Unternehmen und Volkswirtschaften gehören. Das können wir in der Realwirtschaft besonders gut.

Die EU muss stärker, stabiler und wettbewerbsfähiger werden als heute. Sie muss ihre Kräfte bündeln und sich auf die großen Herausforderungen konzentrieren. Dafür braucht sie starke Institutionen, die sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren. So verbessern sich die Rahmenbedingungen für Innovationen, für Unternehmertum und für die Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Europa muss Prioritäten setzen - für Wachstum und Wohlstand. Die EU-Institutionen müssen Subsidiarität wieder leben. Mir geht es ausdrücklich nicht darum, Kompetenzen auf die nationale Ebene rückzuverlagern. Mir geht es darum, dass das neue EU-Parlament und die neue EU-Kommission ihre sinnvollen Zuständigkeiten verantwortungsvoll wahrnehmen.

Maßgeschneiderte Freiräume schaffen das notwendige Vertrauen für ein starkes Europa. Deshalb: Ja, wir brauchen mehr Europa: mehr Integration in Schlüsselbereichen wie der Finanzpolitik, der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik oder der Energiepolitik.

Regelmäßig tagt der Rat für Wettbewerbsfähigkeit, in dem die zuständigen Fachminister zusammenarbeiten. Ich finde, ihre Zusammenkünfte sollten deutlich aufgewertet und zum zentralen Wächter für Wettbewerbsfähigkeit in der EU werden. Diese Experten sollten alle industrierelevanten Vorhaben umfassend kontrollieren und ein echtes Mitspracherecht erhalten.

Innerhalb der EU-Kommission muss sichergestellt werden, dass alle neuen politischen Initiativen und Gesetzesvorschläge systematisch auf Wettbewerbsfähigkeitswirkungen und Kohärenz geprüft werden. Daran mangelt es bisher. Das muss sich ändern. Es gibt schon das Instrument des Wettbewerbsfähigkeits-Checks bei neuen Regulierungsinitiativen. Dieses müssen wir Europäer konsequent und transparent nutzen - anders als bisher.

Darüber hinaus fordern wir im BDI, den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) mit wirklichen Kompetenzen für Wettbewerbsfähigkeit, Haushalts- und Fiskalpolitik auszustatten. Der ESM hat bereits wesentlich zu den Reformerfolgen in den Krisenstaaten beigetragen, weil er jede Art von Hilfe an Reformauflagen knüpft. Dieser Konvergenz-Prozess im Euroraum muss weitergehen.

Verstärkte Zusammenarbeit im Euroraum und demokratische Kontrolle sind kein Widerspruch. Der ESM ist hier ein gutes Beispiel: Gegen den Willen des Bundestages kann der ESM keine Beschlüsse über Hilfspakete fassen. Auch das neue EU-Parlament erhält neue Rechte. Wir Europäer wählen in Kürze das mächtigste EU-Parlament, das wir je hatten.

Wir in unseren Unternehmen, unsere Beschäftigten und Familien haben viel von Europa. Keinem ist gedient, die vorhandenen Probleme im Euroraum zu überzeichnen. Realismus ist gut. Aber vergessen wir nicht den Blick auf die unbestreitbaren Erfolge unserer EU. Sie hat uns allem voran Frieden und Freiheit in Europa gebracht. Das ist angesichts der Staatsschuldenkrise in den vergangenen Jahren häufig aus dem Blick geraten.

Die Ukraine-Krise führt uns die enormen Errungenschaften unseres Heimatkontinents wieder deutlich vor Augen. Ich hoffe, dass diese Erkenntnis zu einer neuen Wertschätzung der europäischen Einigung führt. Ich appelliere an Sie, gerade nun unmittelbar vor der Europawahl für die eindeutige Fortsetzung der Erfolgsgeschichte Europa zu werben - auch in Ihren Unternehmen, in Ihren Freundeskreisen und in Ihren Familien.

Pressekontakt:

BDI Bundesverband der Dt. Industrie
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Breite Straße 29
10178 Berlin
Tel.: 030 20 28 1450
Fax: 030 20 28 2450
Email: presse@bdi.eu
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