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Freiheiten
Kommentar von Christian Matz zur Demokratie-Studie

Mainz (ots)

Freiheit - neben Gesundheitsschutz ist das der zentrale Begriff dieser Pandemie, weil die beiden Prinzipien wie noch nie in der jüngeren Vergangenheit gegeneinander abgewogen werden müssen. Zugleich ist es einer der am meisten missbrauchten. Denn viele derjenigen, die "Freiheit" rufend bei Demos gegen die Corona-Maßnahmen mitlaufen, meinen damit doch nur ihre eigene Freiheit, sich egoistisch und auf Kosten von anderen aus jeglicher Verantwortung und Solidarität zu stehlen. Aber: Man muss beileibe kein Demonstrant sein, um die Freiheitsrechte auch in Deutschland dauerhaft bedroht zu sehen. Wir haben uns inzwischen als Bürger - und das haben auch viele Politiker - an Einschränkungen gewöhnt, die noch vor zwei Jahren völlig außerhalb unserer Vorstellungskraft lagen. Jedenfalls in einer Demokratie. Auch deshalb ist die am Donnerstag veröffentlichte Studie, die die Demokratie in der Pandemie weltweit auf dem Rückzug sieht, so erhellend wie erschreckend zugleich. Als besonders abschreckendes Beispiel wird darin zu Recht China genannt, das gegenüber seinen Bürgern nun noch autoritärer agiert als vor Corona. Dazu muss man aber klar sagen, dass der harte Lockdown, den es auch in europäischen Ländern gab (nicht in allen), seinen Ursprung in Fernost hat. Das kannte man vorher bei uns noch nicht - auch Demokratien haben sich also beim Kampf gegen Corona das autoritäre China zum Vorbild genommen. Und man muss auch klar feststellen, dass die strikte "No Covid"-Strategie, die in Australien und Neuseeland angewandt wurde sowie in China noch immer praktiziert wird, in Europa vor allem bei deutschen Wissenschaftlern auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Einige dieser Experten zählen bis heute zu den engen Beratern der Bundesregierung. Auch in der jetzigen Phase müssen Freiheit und Gesundheitsschutz gegeneinander abgewogen werden. Viele andere Länder in Europa lockern ihre Maßnahmen; sie kommen also offenbar zu einer anderen Abwägung als Deutschland, trotz teils niedrigerer Impfquoten. Sie nehmen schlichtweg ein höheres Risiko in Kauf. Das ist eine Feststellung - keine Bewertung, ob das richtig ist. Denn so wie es sehr gute Gründe dafür gibt, auch in Deutschland zu lockern, gibt es auch sehr gute Gründe, dies noch nicht zu tun. Und noch abzuwarten, bis die Omikronwelle hierzulande endgültig gebrochen ist. Aber, da diese Selbstverständlichkeit sehr oft in Vergessenheit gerät: In einer Demokratie muss nicht die Gewährung von Freiheiten sehr gut begründet werden, sondern deren Einschränkung. Vor allem, je länger diese dauert.

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