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Mittelbayerische Zeitung: Saga der Inkompetenz
Theresa Mays Brexit-Verhandlungen geraten zum Fiasko.

Regensburg (ots)

Die Entscheidung der britischen Regierung, die für den heutigen Dienstag angesetzte Abstimmung über den Brexit-Deal von Premierministerin Theresa May zu vertagen, mag unerhört sein. Aber kann sie überraschen? Sie ist eigentlich nur nur ein weiterer Mosaikstein in einer Saga, die von Unentschlossenheit, Inkompetenz und Feigheit vor dem Feind erzählt. Lange hat sich London nicht entscheiden können, welche Art von Brexit angestrebt werden soll. Die Verhandlungen mit Brüssel unter einem Brexit-Minister David Davis, der stets so naiv wie unvorbereitet war, gerieten zum Fiasko. Und immer wieder ging Premierministerin Theresa May einem Showdown mit dem harten Brexit-Flügel innerhalb ihrer Partei aus dem Weg. Wie auch jetzt. Man muss ihr zugestehen: Die Zahlen sprachen gegen sie. Dabei hat Theresa May den letzten zwei Wochen eine nie dagewesene Werbetour für ihren Brexit-Deal unternommen. Sie ist in alle vier Ecken des Königreichs gefahren, hat ausführliche Fernseh- und Zeitungsinterviews gegeben und Stunde um Stunde im Unterhaus Rede und Antwort gestanden. Ihre schiere Hartnäckigkeit und ihr Durchhaltevermögen haben ihr die Bewunderung der Briten eingetragen und ihre Umfragewerte verbessert. Aber an der Unpopularität ihres Brexit-Deals hat sich wenig verändert. Die Zahl der Mitglieder ihrer eigenen Regierungsfraktion, die das Austrittspaket öffentlich kritisiert haben, ist nicht weniger, sondern mehr geworden und steht mittlerweile bei rund 110 Torys. Damit war die Schlappe programmiert. Offen war nur, wie deutlich sie ausfallen würde. Hätte May mit mehr als 100 Stimmen verlieren, so gingen die Spekulationen, hätte sie zurücktreten müssen. Jetzt wird May versuchen, Nachbesserungen für ihren Deal zu bekommen. Beim Austrittsvertrag ist das ausgeschlossen, wie der irische Außenminister Simon Coveney am Montag klarstellte. Aber bei der politischen Absichtserklärung wäre vielleicht noch etwas zu machen, zum Thema nordirischer Backstop etwa. Vielleicht, so hofft May, könnte ihr Brexit-Deal dann in einer zweiten Abstimmung doch noch das Plazet des Unterhauses bekommen. Dabei hatte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg noch versucht, ihr goldene Brücken zu bauen. Der EuGH urteilte am Montagmorgen, dass Großbritannien seine Absicht, aus der Europäischen Union auszutreten, auch wieder einseitig zurückziehen kann - selbst nach einer möglichen Verlängerung des zweijährigen Austrittsverfahren nach Artikel 50 der EU-Verträge. Und besser noch: Großbritannien bliebe EU-Mitglied mit all den Privilegien - wie EU-Rabatt oder Nichtteilnahme bei Schengen oder bei der Währungsunion - , die es jetzt schon hat. Es mag ein verführerisches Angebot sein, aber die britische Regierung lehnte dankend ab. Die Intervention des EuGH mag die Europafreunde im Land entzückt haben, die auf ein zweites Referendum hoffen, in dem die Austrittsentscheidung zurückgenommen werden könnte. Andererseits könnte genau dieses Szenario Premierministerin Theresa May helfen, ihren umstrittenen Brexit-Deal, wenn er denn demnächst zur Abstimmung stehen sollte, doch noch durch das Unterhaus zu bekommen. Denn sie kann argumentieren: Es ist entweder mein Deal oder gar kein Brexit. So manche der Brexit-Hardliner, die den Austrittsvertrag und die politische Erklärung zum künftigen Verhältnis deshalb ablehnen, weil ihnen das Paket nicht rigoros genug ausfällt, mögen dann lieber den Spatz in der Hand, vulgo: die weichere May-Option wählen. Doch es ist völlig offen, ob die Brexit-Ultras für eine von der Vernunft geleitete Lösung noch zu haben sind.

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