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Mittelbayerische Zeitung: K(l)eine Zeitenwende in der CDU
Mit Annegret Kramp-Karrenbauer bleibt die CDU auf einem Kurs der Mitte. Den Verlust des Kanzleramts hat Angela Merkel nicht zu befürchten. Von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

War da was in der CDU? Eine Revolte gegen die Kanzlerin und Langzeitvorsitzende Angela Merkel würde es geben. Von später Rache des einst von ihr aufs Abstellgleis gehievten Friedrich Merz war gar die Rede. Zumindest aber eine Zeitenwende, einen Strategiewechsel würde es mit dem Hamburger Parteitag geben. Doch nach der - wenn auch äußerst knappen - Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer zu Merkels Nachfolgerin an der Parteispitze, muss man nüchtern konstatieren: In der CDU fand lediglich eine kleine Zeitenwende, eine kleine personelle Veränderung statt. Tiefe personelle Einschnitte und politisch-programmatische Richtungsänderungen sind nicht Sache der einzigen verbliebene Volkspartei Deutschlands. AKK steht im Grunde für die Fortsetzung von Merkels Politik unter anderem Namen. Auch wenn sie sich emsig von ihrer großen Gönnerin zu emanzipieren versucht. Merkel wiederum hat von AKK nicht zu befürchten, dass die ihr das Kanzleramt streitig machen würde. Man kann die gestrige Personal-Entscheidung des Parteikongresses langweilig, wenig ambitioniert oder mutlos nennen. Allerdings zeigt schon ein Blick über den deutschen Tellerrand hinaus, um wie viel wichtiger etwas anderes ist als fragwürdige politische Experimente: Stabilität und Berechenbarkeit nämlich. In vielen europäischen Ländern verschwanden die christlichen Schwesterparteien der CDU nahezu in der Bedeutungslosigkeit. Angela Merkel hatte einst die tief im Spendensumpf gefangene CDU Helmut Kohls wieder zu einer Regierungspartei gemacht. Unter ihrer Führung sind die deutschen Christdemokraten Regierungs- und Volkspartei geblieben. Das war alles andere als selbstverständlich. Mit ihrer ziemlich einsamen Flüchtlingspolitik des Jahres 2015 hat Merkel allerdings ihrer Partei und auch dem Land eine Zerreißprobe beschert. Und das wirkt bis heute nach. Rechts von der Union gab es plötzlich viel Platz für Unzufriedenheit, für Ängste, für Fragen - und auch für populistische Parolen, halbgare Antworten und Stimmungsmacher. Obwohl Merkel ihre Politik der offenen Arme gegenüber Flüchtlingen längst mehrfach und deutlich verändert hat, bleibt es dabei, dass sie der AfD eine breite offene Flanke geboten hat, in die die Rechtspopulisten lustvoll eingefallen sind. Noch dazu kam es zum bitteren Streit unter den Schwesterparteien CDU und CSU, der fast zum Bruch der Union geführt hätte. Nicht nur Horst Seehofer, sondern auch viele andere Christsoziale machten Merkels liberale Flüchtlingspolitik nicht mit, sondern sehen darin gar die Mutter allen politischen Übels, was freilich stark übertrieben ist. Für die neu gewählte CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer ist die Aufgabe nach dem Hamburger Parteitag alles andere als einfach. Die Partei ist, allen Beschwörungen zur Einheit zum Trotz, tief gespalten. Das Kunststück für AKK besteht nun darin, die weiten Teile der Partei, die sie nicht gewählt haben, die verprellten Merz- und Spahn-Anhänger, die Gegner von Merkels Flüchtlingspolitik, die Wirtschaftsliberalen und die junge Generation einzubinden in die Nach-Merkel-CDU. Eine Abspaltung dieser Flügel und verschiedenen Gruppen ist zwar nicht zu erwarten, es wäre aber auch nicht völlig undenkbar - und würde die CDU, die gesamte Union extrem schwächen. Und natürlich steht vor einer CDU-Vorsitzenden immer auch die Aufgabe, sich für die Übernahme der Kanzlerschaft zu rüsten. Bereits die nächsten Wahlkämpfe für die Landtagswahlen im nächsten Jahr gehen auf das Konto der neuen CDU-Chefin. So oder so. Nicht ganz auszuschließen ist es deshalb, dass Angela Merkel ihre Kanzlerschaft doch vorzeitig an AKK übergibt.

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