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Mittelbayerische Zeitung: Obamas Militärschläge in Syrien könnten Folgen haben, die der US-Präsident gar nicht beabsichtigt.Leitartikel von Thomas Spang

Regensburg (ots)

Im vergangenen Jahr beschwor Barack Obama vor der UN-Vollversammlung noch das Ende "eines Jahrzehnts der Kriege" in Irak und Afghanistan. Diesmal trat er als Verkäufer eines neuen Konflikts auf, der mit dem Eingreifen der Supermacht eine andere Qualität erhalten hat. Vor seiner Abreise zu den Vereinten Nationen eskalierten die USA mit Luftschlägen auf Ziele der ISIS und dem El-Kaida-Sprössling "Khorason" in Syrien den Kampf gegen den sogenannten "Islamischen Staat". Damit greift der Friedensnobelpreisträger militärisch in einen Brandherd ein, von dem er sich lange fernhalten wollte. Obama versteht sich als Führer der zivilisierten Welt, der keine andere Wahl bleibt, als die Terrorbrigaden dort zu verfolgen, wo sie am stärksten sind. In seinen Augen handelt es sich um ein gerechtes Eingreifen, das angesichts der Bedrohung der nationalen und internationalen Sicherheit unvermeidbar sei. Wobei er sorgfältig das Wort "Krieg" vermeidet. Damit will sich Obama von dem - wie er einmal sagte - "dummen Krieg" abgrenzen, den George W. Bush in Cowboy-Manier gegen Irak vom Zaun gebrochen hatte. Dieser gründete die Invasion auf falschen Annahmen über nicht vorhandene Massenvernichtungswaffen und ignorierte obendrein den Willen der Weltgemeinschaft. Dass sich an der ersten Angriffswelle fünf arabische Staaten beteiligten, darf der US-Präsident durchaus als Erfolg seiner diplomatischen Bemühungen verbuchen. Auf dem Nato-Gipfel in Wales legte er Anfang September den Grundstein für die Anti-IS-Koalition. Hartnäckig haben die USA das Bündnis seitdem auf bisher 40 Alliierte erweitert; darunter sunnitische Staaten wie Saudi Arabien, Jordanien und mehrere Golfstaaten. In seiner Rede vor den UN appellierte Obama an bisher nicht beteiligte Nationen, sich dem Bündnis gegen die Extremisten anzuschließen. So löblich das Bemühen um eine breite Koalition auch sein mag, so wenig ersetzt sie ein völkerrechtliches Mandat für Militärschläge in einem souveränen Land. Auch dieser Präsident wird sich nicht auf eine Billigung durch den Weltsicherheitsrat stützen können. Dem steht Russland im Weg, das darauf pocht, jedes Eingreifen müsse mit dem syrischen Regime in Damaskus abgestimmt werden. So durchsichtig das Manöver Moskaus auch sein mag, so effektiv erweist es sich, andere westliche Staaten von einer Beteiligung an Luftangriffen abzuhalten. Die Franzosen machen deshalb nicht mit, wie auch Großbritannien und Deutschland Bedenken haben. Die USA behaupten mangels besserer völkerrechtlicher Argumente, vom Irak zur Verteidigung des Landes zur Hilfe gerufen worden zu sein. Nicht ganz falsch, aber auch nicht wirklich überzeugend. Ein solides UN-Mandat wäre besser, weil es breite Unterstützung signalisierte. Obama stürzt die USA damit einmal mehr in einen Konflikt, in dem die Supermacht die Hauptlast schultert. Als besonders problematisch dürfte sich das Fehlen schlagkräftiger Verbündeter auf dem Boden in Syrien erweisen. Jenseits der Truppen des syrischen Diktators Assad finden sich weit und breit keine Einheiten, die von Luftschlägen profitieren könnten. Die "sorgfältig überprüften moderaten Kämpfer" sind nur eine Chimäre. Ob sie je eine ernsthafte Größe sein werden, darf bezweifelt werden. Die Angriffe auf Ziele in Syrien verschaffen unter diesen Bedingungen bestenfalls Entlastung in Irak, weil der Nachschub für die Kämpfer des "Islamischen Staats" unterbrochen werden kann. Als Strategie, das Kalifat dauerhaft in die Knie zu zwingen, taugen sie kaum. In jedem Fall ist die Eskalation ein Stich ins Wespennest. Die nicht-beabsichtigten Konsequenzen könnten schneller zu einer Ausweitung des Konflikts führen, als Obama lieb ist.

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