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Mittelbayerische Zeitung: Die Besten zurückholen
Wenn Deutschland attraktiv für Spitzenforscher sein will, muss es auch Spitzenbedingungen bieten. Leitartikel von Louisa Knobloch

Regensburg (ots)

Deutschland verliert viele seiner besten Wissenschaftler durch Abwanderung - das hat die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) in ihrem jüngsten Gutachten festgestellt. Das Bundesforschungsministerium dementierte schnell: Die Zahlen, mit denen die Gutachter gearbeitet hätten, seien veraltet. "Deutschland ist attraktiv für kluge Köpfe aus aller Welt", versicherte Ministerin Johanna Wanka. In den vergangenen zehn Jahren wurden in der Tat Maßnahmen ergriffen, um Deutschland als Wissenschaftsstandort attraktiver zu machen. Um die abgewanderten Spitzenforscher zurückzuholen, reichen diese aber nicht aus. Dass deutsche Wissenschaftler ins Ausland gehen, ist zunächst einmal nichts Schlechtes und wird von Wissenschaftsorganisationen aktiv über Stipendien unterstützt. An Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Ausland können die Wissenschaftler Erfahrungen sammeln und neue Kenntnisse in ihrem Fachbereich erwerben. Darüber hinaus erweitert ein Auslandsaufenthalt auch den persönlichen Horizont. Davon kann Deutschland aber nur profitieren, wenn die Wissenschaftler auf Dauer wieder in ihre Heimat zurückkehren. Um dieses Ziel zu erreichen, muss Deutschland den Wissenschaftlern etwas bieten. Denn Spitzenforscher gehen dorthin, wo sie die besten Bedingungen vorfinden. Zu den wichtigsten Gründen für die internationale Mobilität von Wissenschaftlern gehören dem EFI-Gutachten zufolge die Zusammenarbeit mit hervorragenden Kollegen und Forschungsteams, die Exzellenz der Gastinstitution auf dem eigenen Forschungsgebiet sowie eine bessere Forschungsinfrastruktur. Um solche Leuchttürme der Spitzenforschung auch in Deutschland zu schaffen, wurden im Rahmen der milliardenschweren Exzellenzinitiative zuletzt elf Eliteuniversitäten gekürt. Mit der LMU und der TU München befinden sich zwei davon in Bayern. Die Exzellenzinitiative läuft allerdings 2017 aus. Die Universitäten brauchen langfristige Perspektiven. Ein großes Problem für Nachwuchswissenschaftler sind auch die wenig planbaren Karrierewege. Das durchschnittliche Berufungsalter für Professoren liegt bei 42 Jahren - wer es nicht schafft, eine solche Lebenszeitstelle zu erhalten, muss das Hochschulsystem verlassen. Um jungen Wissenschaftlern früher selbstständige Forschung und Lehre zu ermöglichen, wurde 2002 die Juniorprofessur eingeführt - bis 2010 war ihre Zahl bereits auf 1236 gestiegen. Diese Stellen sind allerdings auf drei, maximal sechs Jahre befristet und nicht übermäßig gut bezahlt: Juniorprofessoren verdienen etwa so viel wie Gymnasiallehrer. Erfolgversprechender ist das Tenure-Track-Modell der TU München: Ein Assistant Professor dort fängt eine Gehaltsstufe weiter oben an und hat nach einer positiven Evaluation die Aussicht auf eine dauerhafte Stelle. 20 Berufungen sind bereits erfolgt - elf der neuen Professoren kamen laut TUM von Universitäten aus dem Ausland. Unter den Wissenschaftlern gibt es zudem viele sogenannte Dual Career-Paare, bei denen beide Partner eine akademische Ausbildung haben. Wer solche Spitzenforscher aus dem Ausland zurückholen will, muss auch dem jeweiligen Partner eine Perspektive in Deutschland bieten. Die bestehenden Angebote müssen daher noch deutlich ausgebaut werden. Der Vorwurf der Vetternwirtschaft ist auch nicht angebracht: Von zwei hochqualifizierten Fachkräften profitiert der Standort Deutschland doppelt. Spitzenforschung kostet Geld. Deshalb müssen die deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen ausreichend finanziert werden. Das zahlt sich aus: Exzellente Forscher ziehen andere exzellente Forscher an. Schafft Deutschland es hingegen nicht, seine Attraktivität zu steigern, könnte es passieren, dass die Rückkehrer das Land frustriert wieder verlassen.

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