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WAZ: Widerstände bei SPD und Union: Klassenkampf in den Fraktionen - Kommentar von Angela Gareis

Essen (ots)

Wenn diese speziellen zwei Schulklassen zum
Unterricht kommen, dann haben viele Schüler ihre Hausaufgaben nicht
gemacht. Sie trödeln so herbei, packen den Ranzen aus und fangen an
zu nörgeln. In der Klasse SPD nörgeln sie weit lauter als nebenan bei
der CDU/CSU. Das Lehrpersonal fragt sich oft völlig ratlos, wie das
Klassenziel „Reform Deutschlands” erreicht werden soll.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Franz Müntefering
haben die Große Koalition als eine des großen Pragmatismus begonnen.
Aber immer häufiger zeigt sich, wie schon zu Zeiten der rot-grünen
Regierung, dass die Fraktionen mit der Reformgeschwindigkeit ihrer
Spitzenleute nicht mithalten können und wollen. Viele Abgeordnete
sind über die Vorhaben schlecht oder erst spät informiert und
verweigern sich der Erkenntnis, dass nicht immer alles von allen
Seiten in einen Entwurf hineinverhandelt werden kann.
Wenn Merkel und Müntefering sich einigen, bejammern hinterher nicht
wenige das parteipolitische Weltende. Abgeordnete pflücken einzelne
Themen von der Qualität des Abfallrechts aus der Föderalismusreform
und erheben sie zur Gewissensfrage. Andere tragen ihre persönliche
Gesundheitsreform im Herzen und das Herz auf der Zunge. Wieder
andere wollen demonstrieren, dass sie, also nur sie, besonders
aufrecht durch die Gegend laufen
„Guerilleros” nennt CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer die
Widerständler. Bei der SPD klingt das gelegentlich robuster.
Fraktionschef Peter Struck sah sich kurz vor der Abstimmung über die
Föderalismusreform zeitweise 60 Abtrünnigen gegenüber. Das hat in
dieser Form nicht einmal Gerhard Schröder mit der Reformagenda
erlebt. Eine knappe Mehrheit übt eine disziplinierende Wirkung auf
die Fraktionen aus. Die komfortable Mehrheit der Großen Koalition
dagegen lädt viele offenbar zum Herumtollen ein.
Merkwürdige Kompromisse werden geboren: landwirtschaftliche
Vorsteuerpauschale für die Union gegen sexuelle Identität im
Antidiskriminierungsgesetz für die SPD. Etwas mehr Einfluss des
Bundes auf die Bildung bei der Föderalismusreform für die SPD gegen
etwas weniger Antidiskriminierung für die Union. Diese Verwurstung
vollkommen sachfremder Bereiche wirkt in der Außendarstellung so, als
würde das Lehrpersonal tatsächlich bloß lauter kleine Extrawürste
braten, um die Laune der Schüler zu heben.

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