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WAZ: Die Deutschen und die Atomkraft - Aus Wut wurde Gelassenheit. Leitartikel von Norbert Robers

Essen (ots)

Im Juli 2007 sorgt ein Kurzschluss für eine
Unterbrechung der Stromversorgung im schwedischen Atomkraftwerk 
Forsmark - eine Kernschmelze wird nur zufällig verhindert. Zwei 
Monate später wird ein norwegischer Forschungs-Reaktor nach einem 
Zwischenfall abgeschaltet. Im Juni 2007 brennt es im Atommeiler 
Krümmel. Vor wenigen Wochen wurde der slowenische Reaktor Krsko nach 
einem Wasseraustritt vorsorglich abgeschaltet. Im niedersächsischen 
Asse sorgen sich Forscher und Bürger um eine radioaktive Lauge, die 
durch das Atommüll-Zwischenlager suppt. Beruhigend klingt das nicht. 
Und wie reagiert die Bevölkerung auf diese Serie von Pannen und 
Betriebsstörungen? Eigenartig. Denn im vergleichbaren Zeitraum stieg 
die Zahl der Befürworter für die Energie-Produktion durch 
Kernkraftwerke um sieben auf 44 Prozent. Wie passt das zusammen? 
Haben die Deutschen nach Jahrzehnten erbitterter Proteste die 
Atomenergie doch noch akzeptiert?
Die wesentlichen Gründe für die wach-sende Zustimmung zur 
Kernenergie liegen auf der Hand: Die Debatte über die Notwendigkeit 
des Klimaschutzes und die dramatisch steigenden Energiepreise zeigen 
Wirkung. Es klingt ja auch so verlockend einfach. Die Laufzeiten der 
deutschen Meiler werden verlängert: Kurz darauf sinkt der 
Kohlendioxid-Ausstoß, auf Grund des Mehrangebots an Energie fallen 
die Strom-Preise. Schöne, trügerische Welt. Eine 
Milchmädchenrechnung, die den globalen Aspekt der Luft-Verschmutzung 
und den dauerhaften Druck auf die Ölpreise völlig außer Acht lässt. 
Wobei diese Feststellung die Gegner der Atomenergie keineswegs von 
der Frage befreit, wie sie sich einen möglichst sauberen und 
bezahlbaren Energiemix der Zukunft vorstellen. Wind und Sonne? Das 
wird nicht ansatzweise reichen. Letztlich wird es auf ein Maximum an 
Einsparungen, auf eine Ausschöpfung der bestehenden 
Atommeiler-Kapazitäten und eine optimale Förderung zum Ausbau 
erneuerbarer Energien hinauslaufen.
Allein die Wut über die Energiepreise reicht allerdings nicht als
Erklärung für die Gelassenheit der Deutschen im Umgang mit der 
Atomenergie. Entscheidend dafür ist der Atomkonsens aus dem Jahr 
2000, der vorsieht, dass der letzte der 17 deutschen Reaktoren 2021 
vom Netz geht: Die meisten Deutschen vertrauen auf dieses Szenario, 
es wirkt wie eine Protest-Bremse.
Zumal es bei jeder Umfrage auf die Frage ankommt. Die Zustimmung 
zur Atomkraft wächst zwar - aber meist mit dem Zusatz, dass parallel 
dazu die Endlagerung des strahlenden Mülls geklärt werden müsse.

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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