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BERLINER MORGENPOST: Keine klammheimliche Sympathie - Leitartikel

Berlin (ots)

Welche Anmaßung, welcher Zynismus. Da werden schwere Anschläge auf die Sicherheit des Bahnsystems verübt, und die Täter verhöhnen Zehntausende Reisende, die ihr Ziel allenfalls auf Umwegen erreichen und lange Verspätungen erdulden müssen. Süffisant lassen sie in ihrem Bekennerschreiben wissen: "Wir haben heute diese Metropole in einem bescheidenen Umfang in den Pausenmodus umgeschaltet..." Mehr Verachtung all derer, die gestern zu Leidtragenden des ganz offenkundig linksextremistischen "Hekla-Empfangskomitees" wurden, ist kaum noch denkbar. Es ist eine Binsenweisheit, dass unsere immer stärker technisierte und digitalisierte Industriegesellschaft für Sabotageanschläge anfällig und hundertprozentige Sicherheit unmöglich ist. Bei aller berechtigten Kritik an der Deutschen Bahn ist deren Streckennetz mit 34.000 Kilometer Länge eben nicht flächendeckend überprüfbar. Die rechtzeitige Entschärfung des Brandsatzes am Berliner Hauptbahnhof durch einen Streckenläufer zeigt aber, was zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen an besonders neuralgischen Punkten leisten können. Inhalt und Formulierungen des Bekennerschreibens weisen nicht allein auf einen linksextremistischen Hintergrund. Unbestreitbar herauslesbar ist zudem, dass Autoren und Hintermänner über einen gewissen intellektuellen Hintergrund verfügen. Es macht sie noch gefährlicher. Denn damit liegt der Schluss nahe, dass ihre Fehlerquote als Schlüssel zur Festnahme geringer sein dürfte als die von Dumpfbacken. Das muss zur Konsequenz haben, dass die linksextremistische Szene bis hin zur anarchistischen endlich entschiedener als bisher isoliert wird. Es darf absolut keine klammheimliche Sympathie mit einem Umfeld geben, das den Bahnverkehr und damit Menschenleben gefährdet, Straßenschlachten mit der Polizei sucht oder meint, Gesetze beliebig auslegen zu können. In Berlin wird die unmissverständliche Abgrenzung von der gewaltbereiten Szene eine Bewährungsprobe vor allem für die vereinte Opposition von Grünen und Linkspartei. Dazu müssen sie sich als demokratische Parteien auch dann durchringen, wenn eine neue Koalition aus SPD und CDU die innere Sicherheit stärker in den Mittelpunkt ihrer Politik stellt als der alte Senat. Neue Ideen in Politik und Gesellschaft können auch durch Wahlen erzwungen werden. Das haben einst die Grünen bewiesen und jüngst die Piraten. Aber Letztere sollten spätestens seit der Veröffentlichung des Bekennerschreibens der Bahnattentäter im Internet begreifen, dass dieses Forum nicht zur anonymen und damit schützenden Waffe für jene verkommen darf, die ihre wirren politischen und gesellschaftlichen Fantastereien über unser Recht und Gesetz, ja über das Leben anderer stellen. Wichtigste Aufgabe eines freiheitlichen Staates bleibt es, seine Bürger zu schützen. Nach den Hintermännern eines Bekennerschreibens wie dem gestrigen müssen die Sicherheitsbehörden auch künftig fahnden dürfen. Das Internet darf keine autonome Zone für die werden, die Recht und Freiheit den Kampf ansagen.

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