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Lausitzer Rundschau: Einigung im Gesundheitsstreit: Torso einer Reform

Cottbus (ots)

Die Gesundheitsreform sollte zum Meisterstück der
Großen Koalition werden. Doch in den Verhandlungen stellte sich 
schnell heraus, dass sie daran zerbrechen könnte. Zu unversöhnlich 
die konträren Konzepte von Bürgerversicherung und Kopfpauschale. Zu 
groß der Widerstand diverser Lobby-Gruppen, die sich nirgendwo so 
zahlreich tummeln wie in der Gesundheitsindustrie. So ging es am Ende
nur noch um politische Gesichtswahrung und darum, einen wie auch 
immer gearteten Kompromiss über die Ziellinie zu hieven. Das Ergebnis
bleibt nicht nur hinter den hochtrabenden Ankündigungen zu 
Verhandlungsbeginn zurück. Es schmälert auch noch die wenigen 
positiven Ansätze, die während der Verhandlungen abgemacht schienen. 
Selten mündete ein politisches Großvorhaben so in eine Blamage.
 Der Anspruch an eine Gesundheitsreform ist im Grunde genommen 
simpel. Sie soll uferlose Kosten für Ärzte, Kliniken und Medikamente 
begrenzen. Sie soll für mehr Transparenz im System sorgen. Und sie 
soll eine nachhaltige Finanzierungsgrundlage bieten, um der älter 
werdenden Gesellschaft Rechnung zu tragen. Kein Kriterium davon ist 
zufriedenstellend erfüllt. Schlimmer noch: Die Reform beginnt mit 
einer historisch beispiellosen Erhöhung der Kassenbeiträge. Und wer 
wie Ulla Schmidt behauptet, das eine habe mit dem anderen nichts zu 
tun, sucht die Bürger schlicht für dumm zu verkaufen. Allein die 
Tatsache, dass der Steuerzuschuss mit einem politischen Federstrich 
gedrosselt wurde, statt stärker zu wachsen wie einst avisiert, 
spricht Bände. Vielleicht wäre das sogar verzeihlich, hätten Union 
und SPD nicht in letzter Minute noch im Strukturteil der Reform vor 
den Interessenverbänden kapituliert. Erstes Beispiel: Eigentlich 
sollten die Apotheker mit 500 Millionen Euro zum Sparen beitragen. 
Durch eine ursprünglich geplante Abschaffung der starren Preise für 
Medikamente, hätten sie Spielraum bei der Preisgestaltung bekommen, 
was vor allem den Patienten nutzt. Nun bleibt im Prinzip alles beim 
Alten. Zweites Beispiel: Auch dem Kartell der Ärzte hat sich 
Schwarz-Rot gebeugt. Die geplante Umstellung der ärztlichen Vergütung
auf Fallpauschalen wird um drei Jahre verschoben. Von der Maßnahme 
erhoffen sich die Befürworter Kosteneinsparungen, weil etwa die 
Behandlung eines Beinbruchs nur noch mit einem Festbetrag bezahlt 
würde. Heute werden dafür zahlreiche Einzelleistungen abgerechnet. 
Auch die Mediziner in Ballungsgebieten brauchen sich nicht mehr um 
ihr Einkommen zu sorgen. Geplante Abzüge vom Honorar, um ihre Präsenz
in überversorgten Regionen einzudämmen, wurden wieder gestrichen. 
Umgekehrt winken Ärzten in unterversorgten Landesteilen Zuschläge, 
was für sich genommen löblich ist, aber unter dem Strich die Kosten 
der gesetzlichen Krankenkassen weiter erhöht. Dafür haben - drittes 
Beispiel - die Privatkassen ganze Lobby-Arbeit geleistet. Die nun 
ausgehandelte Verkomplizierung der Zugangsbedingungen für den 
geplanten Basistarif kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der raue
Wettbewerb eher als laues Lüftchen bei den Privatkassen Einzug hält. 
Die SPD sucht dieses Einknicken mit der Freude über eine verabredete 
Versicherungspflicht zu übertönen. Doch der davon betroffene 
Personenkreis bildet hierzulande lediglich eine Randgruppe. Im Kern 
ist es nicht gelungen, die seltsamen Schranken zwischen gesetzlicher 
und privater Versicherung durchlässiger zu machen.
 So rechtfertigt der Verhandlungsmarathon auch nicht annährend den 
Nutzen des Unterfangens. Der einzige Lichtblick besteht darin, dass 
sich ein unwürdiges politisches Gezerre endlich dem Ende zuneigt. 
Dazu hätte man die Gesundheitsreform freilich auch ganz lassen 
können.

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