Alle Storys
Folgen
Keine Story von Weser-Kurier mehr verpassen.

Weser-Kurier

Weser-Kurier: Kommentar von Joerg Helge Wagner zur Sterbehilfe-Debatte

Bremen (ots)

In einer idealen Welt gäbe es kein unheilbares Leiden und keine höllischen Schmerzen, man müsste folglich auch nicht über die Erlösung davon debattieren. In unserer keineswegs idealen Welt ist solch eine Debatte notwendig. Es ist danach zu fragen, wie weit die Fürsorge des Staates reichen darf und ab wann sie zur Entmündigung wird - ausgerechnet in der größtmöglichen persönlichen Krise, die den Wunsch erzeugt, aus dem Leben zu scheiden, weil nur so dem dauerhaften Elend zu entrinnen ist. In dieser extremen Situation muss der autonome Wille des Einzelnen über allem stehen. Dazu gehört auch, dass man sich ganz legal an Sterbehilfe-Vereine wenden kann. Vor allem aber muss man sich darauf verlassen können, dass der behandelnde Arzt seine eigenen ethischen oder standesrechtlichen Bedenken nicht über den Willen des Patienten stellt. Dass dies in Deutschland stark von der jeweiligen Ärztekammer abhängt, Erlösung also am Ende eine Frage des Wohn- oder Leidensortes sein kann, ist in einem Rechtsstaat ein Unding. Die religiös grundierte Ächtung des Freitods hilft überhaupt nicht weiter. Wer sich in der Entscheidung über das eigene Lebensende konfessionellen Beschränkungen unterwerfen will, mag das tun. Bekenntnisse dürfen aber nicht durch die Hintertüre Rechtsnormen für alle werden - schon gar nicht in einem Gemeinwesen, dessen Mitglieder nicht einmal mehr zur Hälfte einer Kirche angehören. Der Verweis auf die Möglichkeiten der Palliativmedizin geht ebenfalls am Kern vorbei: Auch hier ist nur Linderung, aber nicht ein möglichst rasches Ende des Leidens das Ziel. Selbst der weitestreichende nun diskutierte Gesetzesvorschlag stellt immer noch die aktive Sterbehilfe unter Strafe, dabei könnte man sie - wie in den Niederlanden - an Sorgfaltskriterien knüpfen. Immerhin: Wenn der Bundestag nun endlich im November über eine hoffentlich weitreichende Liberalisierung abstimmt, ist der Fraktionszwang aufgehoben. Der Fortschritt ist manchmal eine Schnecke - Erlösung leider auch.

Pressekontakt:

Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@Weser-Kurier.de

Original-Content von: Weser-Kurier, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Weser-Kurier
Weitere Storys: Weser-Kurier
  • 16.06.2015 – 21:11

    Weser-Kurier: Kommentar von André Fesser zu den Bremer Koalitionsverhandlungen

    Bremen (ots) - Die Opposition drückt aufs Tempo. Das alte, neue Bremer Regierungsbündnis aus SPD und Grünen hat sich noch nicht einmal durch die Koalitionsgespräche geschleppt, da kommt die CDU mit eigenen Ideen um die Ecke und erklärt die rot-grünen Ansätze der vergangenen Woche ganz generell für "dürftig und unkonkret". Ein frühes Foul, denn eigentlich ...

  • 16.06.2015 – 20:43

    Weser-Kurier: Kommentar von Silke Looden zur Veröffentlichung von Prämienempfängern

    Bremen (ots) - Die Veröffentlichung der Prämienempfänger von EU-Agrarhilfen im Internet ist zunächst einmal ein Wert an sich. Lange hat das Image der EU darunter gelitten, dass Subventionen in dunklen Kanälen versickerten. Endlich kann jeder nachlesen, welcher Landwirt aus welchem Ort wie viel Unterstützung aus Brüssel bekommt. Tatsächlich aber bringt die ...

  • 15.06.2015 – 20:31

    Weser-Kurier: Kommentar von Kristina Läsker zum Verkauf von Kaufhof

    Bremen (ots) - Für die Metro ist es prima gelaufen. Zwei Bieter haben um Kaufhof geschachert, und das Ringen hat dem Mutterkonzern den stolzen Kaufpreis von mehr als 2,8 Milliarden Euro beschert. Aber ist der Deal auch gut für die Warenhauskette? Bringt Käufer Hudson's Bay aus Kanada passende Konzepte mit für den deutschen Markt? Es klingt verheißungsvoll: Der ...