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Weser-Kurier

Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 25. Januar 2011 die "Gorch Fock"-Affäre und das Krisenmanagement von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg:

Bremen (ots)

In schwerer See

von Joerg Helge Wagner

Was haben Oberst Georg Klein und Kapitän zur See Norbert Schatz außer einem gleichhohen Rang gemeinsam? Die Amtsführung beider Bundeswehr-Offiziere ist Gegenstand von Untersuchungen, und beide sind deshalb von ihren ursprünglichen Aufgaben entbunden worden. Ein Vorgang, der ebenso fair wie plausibel ist: Zum einen wird der Verantwortliche aus der Schusslinie genommen, so lange die Vorwürfe gegen ihn nicht eindeutig geklärt sind - zum anderen wird verhindert, dass er während der Ermittlung noch Einfluss auf untergebene Zeugen nehmen kann. In der abgeschlossenen Welt eines Kriegsschiffs oder eines Feldlagers in Afghanistan ist das ja keine völlig abwegige Vorstellung. Die Vorwürfe der Opposition, Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg lasse sich in der "Gorch Fock"-Affäre von der "Bild"-Zeitung zu hektischem Aktionismus treiben, sind haltlos. Politisch ist es zwar verständlich, dass die Opposition die Gelegenheit nutzt, dem mit Abstand beliebtesten Minister ein paar Kratzer im Lack zu verpassen - doch Rote, Grüne und Dunkelrote führen dabei eine seltsame Fassung des Stücks "Verkehrte Welt" auf. Die Vorwürfe gegen die Stammbesatzung, also die Offiziersausbilder auf der "Gorch Fock", sind nicht unerheblich: der notwendige Drill soll die Grenze zur Nötigung überschritten und womöglich den Unfalltod einer Kadettin verursacht haben, sexuelle Belästigung der wenigen weiblichen Kadetten soll geradezu zum Ritual geworden sein. Die linke Opposition aber sorgt sich vor allem darum, ob dem Kommandanten des Schiffes mit seiner Amtsenthebung nicht bitteres Unrecht geschehe. Dabei liegt gerade darin eine subtile Form der Vorverurteilung: als ob es bei jemandem, der suspendiert ist, kaum noch Zweifel an seiner Schuld geben könne. Guttenberg hat die Parole "Aufklären, abstellen, Konsequenzen ziehen" ausgegeben. Das muss er jetzt durchziehen, ohne das Parlament zu verprellen. Dabei sind auch die Abgeordneten der Opposition einzubinden, selbst wenn die ihn gerade rüde angehen. Es würde seinem Ego nicht schaden, wenn er etwa den erfahrenen SPD-Verteidigungsexperten Rainer Arnold, einen exzellenten Kenner der Truppe, zu Rate zöge. Gleiches gilt natürlich für den liberalen Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus, der heute seinen ersten Jahresbericht vorlegt. Je schneller und umfassender Guttenberg die Abgeordneten informiert, umso schneller wird er die Krise überstanden haben. Nun ist schnelle und umfassende Information nicht das hervorstechende Merkmal der Bundeswehr und schon gar nicht des übergeordneten Ministeriums. Aber Guttenberg hat ja bereits gezeigt, dass er den internen Konflikt nicht scheut: Seine Ankündigung, gleich die ganze Truppe auf überkommene Praktiken und Rituale hin zu überprüfen, hat ihn bei den Soldaten wahrscheinlich etwas von seiner bislang überragenden Popularität gekostet. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Oberst Ulrich Kirsch, spricht schon polemisch von "Inquisition" und zeigt damit nur, wo das Problem beim Selbstverständnis mancher Soldaten liegt. Bislang hat sich Guttenberg weder von der Erregung der Politiker noch von den Empfindlichkeiten der Offiziere beeindrucken lassen. Letztere wissen, dass nur er die gewünschte, ebenso überfällige wie kostspielige Reform der Streitkräfte politisch durchsetzen kann - und Guttenberg weiß, dass seine Generäle das wissen. joerg-helge.wagner@weser-kurier.de

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