Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
15 Jahre nach verheerendem Anschlag auf Kirche im Irak (31.10.): Christen im Nahen Osten weiterhin bedroht
Anlässlich des 15. Jahrestags des brutalen Anschlags auf die Sayidat-al-Nejat-Kathedrale in Bagdad am 31. Oktober 2010 erinnert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) an die weiterhin prekäre Lage der Christen im Irak und in Syrien. Die Menschenrechtsorganisation appelliert an die evangelische und katholische Kirche in Deutschland, sich stärker für die Rechte christlicher Gemeinschaften im Nahen Osten einzusetzen.
„Obwohl sich die Lage der Christen im Irak und in Syrien beruhigt hat, sind viele von ihnen dort immer noch nicht sicher“, betont Dr. Kamal Sido, Nahostreferent der GfbV heute in Göttingen. Der Rückgang der Asylsuchenden aus dem Irak und Syrien – insbesondere von Christen – in Deutschland und Europa sei weniger auf eine Verbesserung der Lage vor Ort zurückzuführen, sondern vielmehr auf die sinkende Aufnahmebereitschaft in Europa.
Am 31. Oktober 2010 griffen Islamisten die syrisch-katholische Sayidat-al-Nejat-Kathedrale in Bagdad an und ermordeten 68 Menschen. 60 weitere wurden verletzten. Der heutige sunnitisch-islamistische Machthaber Syriens, Ahmed al-Scharaa (damals Abu Muhammad al-Golani), befand sich damals in den Reihen der sunnitisch-islamistischen Terrororganisation Al-Qaida im Irak, die auch Anschläge auf Christen verübte. Bis heute ist nicht vollständig geklärt, wer genau diesen abscheulichen Angriff und die gezielte Erschießung von betenden Christen angeordnet hat.
Ein Jahr später verließ al-Scharaa den Irak, um in Syrien das sunnitisch-islamistische Terrornetzwerk zu führen. „Es ist blanker Hohn, dass deutsche Politiker und Medien heute von Christen, Drusen, Alawiten oder Kurden und anderen Minderheiten verlangen, ihr Leben einem professionellen Killer anzuvertrauen“, kritisiert Sido.
Fünfzehn Jahre nach dem Anschlag und ein Jahr nach dem Sturz des Assad-Regimes hat sich die Lage der Christen und anderer Minderheiten in der Region kaum verbessert. Die Hoffnung einiger deutscher Politiker, dass Christen und Minderheiten wie die Yeziden sicher in den Irak oder nach Syrien zurückkehren könnten, sei illusorisch, so Sido. Sowohl sunnitische als auch schiitische Islamisten, die untereinander verfeindet sind, strebten die Einführung des Scharia-Rechts an, das ein freies Leben für Christen und andere Minderheiten unmöglich mache. „Nicht das Scharia-Recht, sondern die Trennung von Staat und Religion schafft die Voraussetzungen für demokratische Systeme – davon sind der Irak und Syrien jedoch weit entfernt“, so der Nahostreferent.
Die Schätzungen über die Zahl der noch im Irak lebenden Christinnen und Christen gehen weit auseinander. Sie liegen zwischen 150.000 und maximal 200.000, während es vor 40 Jahren noch 1,5 Millionen waren. Eine im November 2024 begonnene Volkszählung könnte bald genauere Zahlen liefern. Auch in Syrien ist die Zahl der Christen dramatisch zurückgegangen. Vor dem Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 sollen noch 2,1 Millionen Christen in Syrien gelebt haben. Heute wird ihre Zahl auf weniger als 300.000 geschätzt.
Sie erreichen Dr. Kamal Sido unter k.sido@gfbv.de oder 0173/6733980.
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