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Der Tagesspiegel

Der Tagesspiegel: Berlin stellt wieder ein - Der Markt für Spitzenkräfte zieht an

Berlin (ots)

Gute Nachrichten für Top-Manager mit Berlin-Faible.
Die Chance, einen attraktiven Job in der Hauptstadt angeboten zu
bekommen, steigt wieder. Die auf Direktsuche spezialisierten
Personalbe-rater sagten dem Tagesspiegel, dass sie von
internationalen Konzernen, Verbänden und kleinen wie
mittelständischen Betrieben, die ihre Geschäftsführung neu besetzen
wollen, wieder verstärkt Suchaufträge erhalten. Ihre Einschätzung des
Berliner Jobmarktes reicht von "der Markt belebt sich" über
"hoffnungsvolle Signale auf den Kompetenzfeldern Medien und
Tourismus" bis hin zu "Die Un-ternehmen fangen wieder an, hochkarätig
zu besetzen."
Dass das Erste-Klasse-Personalkarussell wieder in Schwung kommt,
dürfte so manchem Headhun-ter die Existenz retten. Nachdem diese
besondere Spezies der Beraterbranche in den vergangenen zwei Jahren
kaum noch Suchaufträge für Berliner Spitzenpositionen akquirieren
konnte, mussten etliche ihre Hauptstadt-Büros schließen.
Doch haben sich auch die Chancen für Kandidaten jenseits der
Topetagen und des Headhunting-Geschäfts verbessert? Jobofferten für
qualifizierte Fachkräfte und Spezialisten wären an der Spree hoch
willkommen. Die Arbeitslosenquote beträgt derzeit 17,4 Prozent - rund
294 500 Berliner waren am 31. Oktober arbeitslos gemeldet. Dabei sind
seit dem Regierungsumzug allein 95 Verbän-de nach Berlin gewechselt,
von Bundesbehörden und Betrieben ganz abgesehen. Müssten diese
Arbeitgeber - nach ihrem kostenmotivierten Personalabbau der
vergangenen Jahre - jetzt nicht dar-angehen, auch die Fachabteilungen
neu zu besetzen? Es ist üblich, dass sich neue Cheflenker schnell von
den direkten Zuarbeitern ihres Vorgängers trennen und sie durch
eigene Vertraute erset-zen. Der Stellenindex des Fuldaer
Personaldienstleisters Adecco, der die Stellenangebote von 40
Tageszeitungen auswertet, beantwortet diese Fragen zunächst einmal
negativ. In den ersten neun Mona-ten dieses Jahres sind für Jobs in
Berlin rund 16 Prozent weniger Offerten geschaltet worden als im
Vorjahreszeitraum. Die Zahl sackte von 24 943 auf 20 820 ab. "Der
sichtbare Stellenmarkt schrumpft weiter", bestätigt auch Klaus Pohl,
Pressesprecher der Haupstadtvertretung der Bundesanstalt für Arbeit
(BA). Dabei macht er jedoch darauf aufmerksam, dass weniger Offerten
nicht notwendigerweise auch weniger freie Arbeitsplätze bedeuten
müssen: "Viele Anbieter schreiben ihre Stellen nicht mehr aus. Die
Unternehmen melden auch längst nicht alle offenen Stellen an die
Arbeitsämter."
Nach Angaben der Kölner Personalberatung Access AG werden nur 40
Prozent aller freien Stellen bei den Arbeitsämtern gemeldet - und
demzufolge unter www.arbeitsamt.de veröffentlicht. So geben die
Auswertungen von Print- und Online-Stellenmärkten "nur ein eingeschrä
nkt richtiges Bild der momentanen Lage wieder", wie Klaus Pohl es
formuliert. Gleichwohl liefern die Zahlenwerke für Pohl "wichtige
Erkenntnisse". Etwa , dass der Berliner Arbeitsmarkt im Vergleich mit
dem Bundesdurch-schnitt gar nicht so schlecht dasteht:
Deutschlandweit gingen die Stellenangebote von 313 891 in den ersten
drei Quartalen 2002 auf nur noch 187 431 im Vergleichszeitraum des
laufenden Jahres zurück - also um rund 40 Prozent und damit etwa
zweieinhalb Mal so viel wie in Berlin.
Wesentlich verantwortlich für das - zumindest relativ - hohe
Jobangebot in Berlin sind die Bereiche Materialwirtschaft und
Logistik. Während die Stellenofferten bundesweit um 40 Prozent
zurückgegangen sind, wurden für Jobs in Berlin in den ersten drei
Quartalen 2003 sage und schreibe 21,5 Prozent mehrAnzeigen geschaltet
als im Vorjahreszeitraum. Logistik-Spezialist Reinhard Pfeiffer aus
Bremen führt das unter anderem auf die Expressdienste zurück, die in
der mit Werbeagenturen, Regierungsbüros und Verbandsgeschäftsstellen
überzogenen Metropole mit zweistelligen Wachstums-raten boomen.
Positiv fällt die Berlin-Bilanz auch im Verkauf aus. Stefan
Beiten, Vorstandsvorsitzender der interna-tionalen Filmproduktions-
und Vertriebsgesellschaft Greenlight Media AG in Berlin, wundert sich
"überhaupt nicht" darüber, dass Berliner Betriebe mehr
Stellenangebote für Innen- und Außendienstler ausschreiben als im
Vorjahr. Im Bundesdurchschnitt gingen die Offerten dramatisch zurück
(siehe Grafik). Stefan Beiten: "In Berlin hat sich ein eigener und
sehr junger Dienstleistungssektor aufgebaut. Das fängt bei Anwälten
an und hört bei Werbeagenturen nicht auf. In der Internetsoft-ware
ist Berlin führend und genießt international auch das entsprechende
Renommee. In den ver-gangenen Jahren kam es mehr darauf an,
strukturell und administrativ aufzubauen und Substanz zu schaffen,
jetzt geht es darum, die geschaffene Substanz an den Mann zu bringen
und für operative Zahlen zu sorgen." Zusätzlich wird das
Personalkarussell noch durch ein Phänomen in Schwung gebracht, das
Peter Kleimeier, Geschäftsführer der PK Vertriebsberatung in Berlin,
so beschreibt: "Wenn Führungspositionen ausgewechselt werden,
tauschen die neuen Chefs gerne auch in den Abteilungen aus."
Sich wahllos auf Stellenangebote mit relativem Zuwachs - oder
unterdurchschnittlichem Rückgang - zu stürzen, dürfte allerdings
nicht unbedingt die richtige Bewerberstrategie sein. Die Unternehmen
haben sehr genaue Vorstellungen davon, wie sie ihre vakanten Stellen
besetzen wollen - im Spezialistenbereich wie auf der Vorstandsebene.
Wer für einen Job in die engere Wahl kommen will, muss eine vom
suchenden Unternehmen erarbeitete Anforderungsschablone abdecken.
Silvia Knecht von der DIS Deutsche Industrie Service: "Dem Bewerber
wird nicht mehr die Chance gegeben, sich in aller Ruhe in seine
Projekte einzuarbeiten. Es wird der passgenaue Mitarbeiter gesucht."
Was genau unter "passgenau" zu verstehen ist, steht allerdings nur
selten in der Stellenanzeige (siehe Karriere & Beruf vom 2.
November). Auch Headhunter äußern sich nur ungerne. Sie fürchten um
ihren Ruf als diskrete Dienstleister. Monika Maria-Lehmann,
Niederlassungsleiterin Berlin von SKP Dr. Stoebe Kern & Partner, sagt
immerhin: " Der Auftraggeber erwartet besondere Eigenschaften, etwa
den berühmten Blick durch die Kundenbrille: Was passiert zurzeit in
der Stadt und was wird in fünf Jahren los sein?"
Für Top-Positionen im Bereich der Informationstechnologie
beobachtet Jörg Rathke, Partner bei der BGPM Berliner Gesellschaft
für Personalmanagement, dass SAP-Know-how in so gut wie in jeder
Branche gewürdigt werde. "Allerdings", sagt Rathke, "werden Leute im
Doing gesucht." Für Generalisten, die den Bezug zur praktischen
Arbeit verloren haben, besteht auch nach Beobachtung von Andreas Paul
Stöhr von www.job-chance-berlin.de wenig Bedarf, denn: "Am meisten
gesucht wird von mittelständischen Unternehmen, die selten mehr als
100 Mitarbeiter beschäftigen." Dass der Mittelstand zwar interessante
Positionen zu vergeben hat, gleichzeitig aber im Vorfeld der neuen
Eigenkapitalrichtlinien von Basel II als - im Vergleich zu
kapitalkräftigen Konzernen - unsiche- rer Arbeitgeber gilt, erschwert
den Headhuntern die Arbeit. "Die Verunsicherung am Arbeitsmarkt lässt
die Arbeitnehmer am bisherigen Arbeitsplatz fest halten," berichtet
etwa Heiko Mühle von HRM Partner. Doch alles Schlechte hat sein
Gutes. In der jüngsten Zeit vermittelte Gert Fischer,
Ge-schäftsstellenleiter Berlin vom Büro Fü hrungskräfte der
Wirtschaft der BA, meist in die neuen Bun- desländer. Jetzt kann
Fischer wieder mehr Kandidaten mit Berlin- Faible glücklich machen.
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