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Soziale Vermieter: Die Wohnkosten werden durch das Vorziehen von Klimaneutralität um durchschnittlich 320 Euro pro Monat steigen

VNW-Direktor Andreas Breitner:

  1. Wer behauptet, dass Klimaneutralität bis 2040 die Mieterinnen und Mieter nicht erheblich belasten werde, führt sie in die Irre.
  2. Soziale Vermieter nutzen bislang gesetzlich mögliche Spielräume für Mieterhöhungen nicht aus. Sie werden aber durch ein Vorziehen von Klimaneutralität dazu gezwungen.
  3. Klimaneutralität bis 2040 erhöht bei einer Durchschnittswohnung die Wohnkosten um 320 Euro pro Monat.
  4. Wer will, dass Wohnraum bezahlbar bleibt, stimmt beim Volksentscheid mit „Nein“.

66/2025

Hamburg. In der Diskussion um ein Vorziehen von Klimaneutralität haben die sozialen Vermieter Hamburgs davor gewarnt, die Mieterinnen und Mieter in die Irre zu führen.

„Wenn der Mieterverein zu Hamburg behauptet, ein Vorziehen von Klimaneutralität würde Menschen nicht erheblich belasten, weil die Zusatzkosten aus gesetzlichen Gründen nicht umgelegt werden dürfen, wiegt er die Mieterinnen und Mieter in falscher Sicherheit“, sagt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW).

„In vielen Fällen werden die klimazielbedingten baulichen Mehrkosten schon als Modernisierungsmaßnahme umlegbar sein. Und selbst wenn Zusatzkosten nicht über eine Modernisierungsumlage den Mieterinnen und Mietern in Rechnung gestellt werden können, müssen VNW-Unternehmen an anderer Stelle Spielräume für höhere Einnahmen ausnutzen. Das wird zu einem Anstieg der Wohnkosten führen.“

Wohnkosten steigen im Durchschnitt um 320 Euro netto pro Monat

Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 werden die Wohnkosten um bis zu drei Euro pro Quadratmeter Wohnfläche erhöhen, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner. „Wird Klimaneutralität um fünf Jahre auf 2040 vorgezogen, gehen VNW-Unternehmen davon aus, dass bis zu einem Euro pro Quadratmeter auf die ohnehin notwendige Steigerung zusätzlich draufkommt.“

Am Ende würden die Wohnkosten bis zum Jahr 2040 um bis zu vier Euro pro Quadratmeter Wohnfläche steigen. „Bei einer durchschnittlichen Wohnungsgröße in Hamburg von 80 Quadratmeter bedeutet das 320 Euro Wohnkosten netto mehr – und das jeden Monat“, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner.

Initiative wiegt Mieterinnen und Mieter in falscher Sicherheit

Die Initiatoren des Volksentscheids erweckten derzeit den Eindruck, wonach die allermeisten Mieterinnen und Mieterinnen von diesen höheren Wohnkosten verschont bleiben würden, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner. „Ich kann nur hoffen, dass die Betroffenen diesem Märchen keinen Glauben schenken. Sonst gibt es in einigen Jahren für sie ein böses Erwachen.“

Es sei richtig, dass dem Gesetz zufolge Kosten einer Modernisierung nur anteilig in Höhe von acht Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten und auch nur bis zu einer bestimmten Höhe auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt werden dürfen. So gelte bei Modernisierungsmaßnahmen in § 559 Abs. 3a BGB ein pauschaler „Kostendeckel“, so der VNW-Direktor.

Das Problem bestehe nur darin, dass bislang die Mieten der sozialen Vermieter in der Regel deutlich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen oder die Unternehmen gesetzlich zulässige Mieterhöhungsmöglichkeiten bislang nicht ausgeschöpft haben.

Zusatzkosten erzwingen Mehreinnahmen an anderer Stelle

Als Folge liegt die monatliche Netto-Kaltmiete beim VNW-Unternehmen im Durchschnitt gegenwärtig bei 7,61 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche – und damit deutlich unter dem Durchschnittswert des vom Hamburger Senat veröffentlichten Hamburger Mietenspiegels von 9,81 Euro pro Quadratmeter. „Die (bislang) niedrigen Mieten sind Ausdruck des sozialen Selbstverständnisses unserer Mitgliedsunternehmen“, sagt Andreas Breitner.

„Die klimazielbedingten baulichen Mehrkosten werden in vielen Fällen als Modernisierungsmaßnahme auf den Mieter umlegbar sein. Aber selbst wenn die erheblichen Zusatzkosten durch ein Vorziehen von Klimaneutralität nicht über eine Modernisierungsumlage den Mieterinnen und Mietern in Rechnung gestellt werden könne, müssten die Unternehmen an anderer Stelle für Mehreinnahmen sorgen, um nicht in eine wirtschaftliche Schieflage zu geraten.“

Es möge Einzelfälle geben, in denen die Mehrkosten nicht vollständig an die Mieterinnen und Mieter weitergegeben werden könnten, so der VNW-Direktor: „Weil beispielsweise bei einer Neuvermietung die Anfangsmiete bereits zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt oder bei einer Bestandsmietverhältnis die bestehende Miete schon sehr hoch ist oder ausnahmsweise ein Härtefall vorliegt.“

In den meisten Fällen aber würden diese Annahmen nicht zutreffen, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner. „Eben weil VNW-Unternehmen bislang deutliche geringere Mieten nehmen als gesetzlich zulässig ist und zudem bei Modernisierungsmaßnahmen ohnehin selbst bei bereits hohen Mieten grundsätzliche Mieterhöhungsmöglichkeiten bestehen.“

Wohnungen mit niedriger Miete am stärksten betroffen

Die weitaus höchsten Spielräume, die Wohnkosten zu erhöhen, bestünden bei Wohnungen mit niedrigen Mieten. „Das Vorziehen von Klimaneutralität trifft also die Menschen, die es nicht so dicke haben, am härtesten. Ich habe selten erlebt, dass eine Initiative so schamlos der Umverteilung von unten nach oben das Wort redet und den sozial Schwächsten in diesem Land einen Bärendienst erweist.“

Hintergrund – Konstellationen für eine Mietsteigerung

Neuvermietung:

Im Rahmen einer Neuvermietung darf der Vermieter in Hamburg maximal die ortsübliche Vergleichsmiete zuzüglich eines Aufschlags von zehn Prozent nehmen (es gibt Sonderkonstellationen wie vor allem, dass die vorherige Miete im Vormietverhältnis schon höher war und das wiederum rechtmäßig zu früheren Zeiten vereinbart war, dann darf der Vermieter dieselbe hohe vorherige Miete fordern. Das betrifft aber in der Regel nicht VNW-Unternehmen).

§ 556d - Zulässige Miethöhe bei Mietbeginn; Verordnungsermächtigung

(1) Wird ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen, der in einem durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt, so darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Absatz 2) höchstens um zehn Prozent übersteigen.

Die ortsübliche Vergleichsmiete ist nicht gleichzusetzen mit dem Mittelwert. So kann, wenn der Mittelwert z. B. bei 8,00 Euro liegt, die ortsübliche Vergleichsmiete für diese konkrete Wohnung trotzdem bei 8,50 Euro liegen, weil diese konkrete Wohnung zum Beispiel über eine besonders gute Ausstattung verfügt. Nach der Mietpreisbremse dürfte der Vermieter, wenn die ortsübliche Vergleichsmiete bei 8,50 liegt, maximal 9,35 EUR als Anfangsmiete nehmen (8,50 plus 10 %).

Die meisten sozialen Vermieter nehmen als Anfangsmiete nicht die ortsübliche Vergleichsmiete. Wenn aber durch ein Vorziehen von Klimaneutralität für eine Wohnungsunternehmen höherer Kostendruck entsteht, so kann der Vorstand sachlich begründet die Anfangsmieten bei einer Neuvermietung auf ortsübliche Vergleichsmiete plus zehn Prozent festlegen. Im Unterschied zu früher würden die Anfangsmieten dann auf einem wesentlich höheren (mietrechtlich aber noch zulässigen) Niveau starten. In der Grundtendenz sind auf Grund des Vorziehens von Klimaneutralität höhere Anfangsmieten zu erwarten.

Modernisierungsumlage:

Viele der klimabedingten Baumaßnahmen werden rechtlich der Modernisierung unterfallen. Es gibt (neben der Begrenzung auf acht Prozent pro Maßnahme/Wohnung) einen pauschalen „Kostendeckel“ bei Modernisierungsmaßnahmen in § 559 Abs. 3a BGB:

(3a) Bei Erhöhungen der jährlichen Miete nach Absatz 1 darf sich die monatliche Miete innerhalb von sechs Jahren, von Erhöhungen nach § 558 oder § 560 abgesehen, nicht um mehr als 3 Euro je Quadratmeter Wohnfläche erhöhen. Beträgt die monatliche Miete vor der Mieterhöhung weniger als 7 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, so darf sie sich abweichend von Satz 1 nicht um mehr als 2 Euro je Quadratmeter Wohnfläche erhöhen. Sind bei einer Modernisierungsmaßnahme, die mittels Einbaus oder Aufstellung einer Heizungsanlage zum Zwecke der Inbetriebnahme in einem Gebäude durchgeführt wird und die zu einer Erhöhung der jährlichen Miete nach Absatz 1 berechtigt, zugleich die Voraussetzungen des § 555b Nummer 1 oder Nummer 1a erfüllt, so darf sich die monatliche Miete insoweit um nicht mehr als 0,50 Euro je Quadratmeter Wohnfläche innerhalb von sechs Jahren erhöhen; die Sätze 1 und 2 bleiben unberührt.

Dieser Kostendeckel - zwei Euro bei Grundmiete von unter sieben Euro; drei 3 Euro bei Grundmiete über sieben Euro innerhalb einer Zeitspanne von sechs Jahren - wird von VNW-Unternehmen bislang eher selten komplett ausgeschöpft. Wird Klimaneutralität vorgezogen, ist zu erwarten, dass Vorstände diesen Kostendeckel bei Modernisierungsmaßnahmen zukünftig voll ausreizen werden müssen, damit das Unternehmen nicht in einer wirtschaftliche Schieflage gerät.

Mietspiegelmieterhöhung, § 558 BGB:

Auch für den Fall, dass Maßnahmen nicht als Modernisierungsmaßnahme umlagefähig sein sollten, so steht zu erwarten, dass soziale Vermieter künftig die maximal möglichen Mieterhöhungsmöglichkeiten gemäß Mietenspiegel - 15 Prozent in drei Jahren. (§ 558 BGB plus Landesverordnung) - nutzen werden müssen - was sie bislang nicht immer getan haben.

Härtefall eher kein Argument

Dass Mieter sich einfach auf einen Härtefall berufen können, ist nicht richtig. Der muss Mieter die Voraussetzungen gerichtsfest darlegen. Die Praxis zeigt, dass ein Härtefall meistens nicht vorliegt. Zudem ist stets eine Abwägung mit den Vermieterinteressen erforderlich. Dabei fällt zugunsten des Vermieters ins Gewicht, dass dieser aufgrund der gesetzlichen Klimaschutzvorgaben zu Maßnahmen verpflichtet ist und keine andere Wahl hat, als zu modernisieren.

26-09-2025

Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 468 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. In den von ihnen verwalteten 775.000 Wohnungen leben rund zwei Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter liegt bei den VNW-Unternehmen bei 6,74 Euro. Der VNW ist der Verband der Vermieter mit Werten.

V.i.S.P.: Oliver Schirg, Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Referat Kommunikation, Telefon: +49 40 52011 226, Mobil: +49 151 6450 2897, Mail: schirg@vnw.de

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