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"Report Mainz": Blackout, hybride Angriffe, andere Notfälle - Mangelnde Krisenvorsorge bei Bürgern, Städten und Landkreisen
Keine einheitlichen Mindeststandards im Katastrophenschutz

Mainz (ots)

Viele Landkreise und kreisfreien Städte sind nicht auf größere Katastrophenfälle vorbereitet. Auch vielen Bürgern fehlt es an ausreichenden Vorräten. Das haben Umfragen des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" ergeben.

Mehrheit der privaten Haushalte hat keine Lebensmittelvorräte für zehn Tage

Eine repräsentative Studie des Meinungsforschungsinstituts Infratest-dimap, die "Report Mainz" exklusiv in Auftrag gegeben hat, zeigt, dass 59 Prozent der Befragten kein Trinkwasser und keine haltbaren Lebensmittel (wie Konserven, Reis, Nudeln oder Fertiggerichte) für zehn Tage im Haus haben. Eine stromunabhängige Kochmöglichkeit wie Camping- oder Gasgrill mit Brennstoffen fehlt bei 49 Prozent der Befragten. 58 Prozent der Befragten besitzen kein Radio mit funktionsfähigen Batterien oder Kurbelradio. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, BBK, empfiehlt Privatpersonen für den Fall von Krisen und Katastrophen diese Geräte vorzuhalten und Vorräte für einen Zeitraum von zehn Tagen anzulegen. Dazu gehören beispielsweise zwei Liter Wasser pro Person pro Tag und haltbare Lebensmittel.

"Report"-Umfrage kommunale Ebene: ungleiche Vorbereitung auf Krisenfälle

Auch die Kreise und kreisfreien Städte, zuständig für den Katastrophenschutz, sind nicht alle gleichermaßen auf Krisen und Katastrophen vorbereitet. Das zeigt eine weitere "Report Mainz"-Umfrage, durchgeführt gemeinsam mit dem SWR Data Lab unter allen 411 Kreisen und kreisfreien Städten. Rund 80 Prozent der Kreise und Städte haben an der Umfrage teilgenommen. 26 Prozent geben an, keinen "Einsatzplan Stromausfall" zu haben, ähnlich viele (24 Prozent) haben keine "Katastrophenschutz- Informationspunkte", die binnen weniger Stunden einsatzfähig sein können. Dabei handelt es sich um Anlaufstellen für Bürger, bei denen sie während eines Stromausfalls Informationen bekommen und einen Notruf absetzen können. Rund die Hälfte (47 Prozent) gab an, keine einsatzfähigen Konzepte zur Notwasserversorgung zu haben.

Doch auch bei den Kreisen und kreisfreien Städten, die angeben, über entsprechende Pläne zu verfügen, sind die Unterschiede sehr groß. Etwa was Anzahl oder Ausstattung der Katastrophenschutz-Leuchttürme betrifft.

Krisenforscher: Pläne allein oft nicht ausreichend

Der Krisen- und Katastrophenforscher Professor Martin Voss von der Freien Universität Berlin kritisiert: "Nur weil ein Plan da ist, heißt das noch nicht, dass auch tatsächlich jeder weiß, was er zu tun hätte. Und das kann ich als Bürger überhaupt nicht erkennen, wie weit meine Kommune vorbereitet ist. Insofern ist das Glückssache, wo ich gerade wohne. Und es gibt letztlich auch in der Kommune dann meistens niemanden, der Ihnen da wirklich ganz robuste Antwort geben kann."

In einer weiteren Umfrage von "Report Mainz" mit anonymer Teilnahmemöglichkeit fordern rund 90 Prozent der Kreise und kreisfreien Städte von Bund und Ländern klare Mindeststandards für technische und personelle Ausstattung des Katastrophenschutzes von Bund und Ländern. 130 hatten teilgenommen. Doch die Bundesregierung und die meisten Bundesländer verweisen auf "Report Mainz"-Anfrage auf die Zuständigkeit der kommunalen Ebene.

"Katastrophendemenz" in Deutschland?

Der Leiter einer Katastrophenschutzbehörde aus einem Landkreis in Süddeutschland, der anonym bleiben möchte, kritisiert: "Ich habe das Gefühl, bei uns in Deutschland setzt immer so eine Katastrophendemenz ein. Da gibt es ein großes Schadensereignis und ein halbes Jahr später ist alles wieder vergessen. Dann empfindet man Investitionen im Katastrophenschutz, der ja eine Pflichtaufgabe ist, als viel zu teuer. Wenn man bedenkt, damit kann man im Zweifel Leben retten, halte ich das schon für sehr bedenklich."

Zitate gegen Quellenangabe frei.

Weitere exklusive Informationen auf www.reportmainz.de

Bei Rückfragen rufen Sie bitte in der Redaktion "Report Mainz" an, Tel.: 06131 929-33352.

Newsletter "SWR vernetzt"

Pressekontakt: Sibylle Schreckenberger, Tel.: 06131 / 929-32755, sibylle.schreckenberger@swr.de

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