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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum islamfeindlichen Film

Bielefeld (ots)

»Die Wut hat den Verstand besiegt«, titelte eine Zeitung. Hier erhob aber kein abendländischer Journalist seine Stimme - es war ein ägyptischer Kollege, der die passenden Worte für das Morden und Brennen im Gefolge des Anti-Mohammed-Films »Innocence of Muslims« (Unschuld der Moslems) fand. Der Mann von »Al-Shorouk« bezog die Zeile auf seine außer Rand und Band geratenen islamischen Glaubensbrüder. Es hat bislang 15 Tote gegeben, aber sagen wir es rundheraus: Dafür tragen nicht allein die Fundamentalisten des Orients die Verantwortung. »Innocence of Muslims«, dessen Trailer bei Youtube schon seit Juli läuft, ist steindumm. Hinter diesem Machwerk stehen amerikanische Kopten, amerikanische Evangelikale, ein US-Pornofilmer und ein US-Pastor, der schon Bücher - den Koran - verbrennen ließ. Christen mithin, aber sagen wir besser: Gnome, die sich christlich gerieren, aber die Botschaft von der Nächstenliebe nicht einmal ansatzweise verstanden, geschweige denn verinnerlicht haben. Dass sich solche Leute ungeniert artikulieren dürfen, mag man skandalös finden. Allein, die Demokratie ist eine verständnisvolle Mutter. Zum Glück: Sie fordert nicht, dass ihre Kinder ihr Oberstübchen aufräumen und wischen und kehren - im Gegenteil, sie erlaubt sogar die Verbreitung von Schmutz. Diese Toleranz allerdings hat das Abendland erst mühsam lernen müssen. Deswegen ist die Ankündigung aus Berlin, die Vorführung des islamfeindlichen Films zu verhindern, kontraproduktiv. Das ist Zensur. Verbote jedoch bringen kein Licht in das finstere Weltbild der Fundamentalisten. Der Vatikan hat das beherzigt, als er von der Strafverfolgung der »Titanic«-Satiriker absah, die auf einem unsäglich dummen Titelbild den Papst als inkontinent verunglimpft hatten. Der souveräne Geist hält Anwürfe aus, egal wie dürftig ihr Inhalt auch sein mag. Man bräuchte über Gewalt kein Wort zu verlieren, wäre der Mensch friedlich - eine Binsenweisheit. Allerdings könnte man auch über Schund schweigen, griffe nicht der Krake Intoleranz bereits nach der deutschen Meinungselite. Der als Philosoph dilettierende Schriftsteller Martin Mosebach hat unlängst gefordert, Blasphemie strafrechtlich zu verfolgen. Sein Kollege Ingo Schulze hieb in dieselbe Kerbe, als er allen Ernstes behauptete, Kunst habe ihre heute gültigen Formen und Inhalte nur im Zweikampf mit der Zensur entwickeln können - eine Kunst, die in Freiheit entstehe, sei Larifari. So weit sind wir also schon wieder. Dass am sprichwörtlichen Stammtisch das Licht der Aufklärung in den Augen schmerzt, nimmt nicht weiter wunder. Dass sich mittlerweile aber auch die Intelligenzija ins Halbdunkel der Vormoderne zurückträumt, weckt Entsetzen. Das Abendland hat den Kreuzritter längst aus dem Sattel gefegt. Auf seinen Wiedergänger, den »Gotteskrieger im Tweedjackett« (Sibylle Berg), können wir gut verzichten.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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