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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Studentenproteste

Bielefeld (ots)

Heute werden einmal mehr Tausende Studenten auf
die Straße gehen. Mit Recht. Sie wollen Bildung. Zeit, Geld und Raum 
für Bildung. All das wollen sie natürlich in erster Linie für sich 
selbst. Ihr Protest sollte aber jeden interessieren.
Zu allererst Politiker. Vor zehn Jahren haben einige von ihnen, 
genauer gesagt 29 europäische Bildungsminister, in Bologna 
beschlossen, ein einheitliches europäisches Hochschulsystem zu 
schaffen. Die Studiendauer sollte kürzer, die Qualität der 
Studiengänge besser und das System der Studienabschlüsse vergleichbar
werden. So weit die Theorie.
In der Praxis können junge Menschen seither tatsächlich einfacher in 
Deutschland studieren und beispielsweise in Frankreich arbeiten. Der 
Wunscharbeitgeber muss nur wissen, was er von einem Bewerber, der in 
sechs Semestern nur Wissen konsumiert und selten reflektiert hat, 
erwarten kann. Die meisten Arbeitgeber können das nicht.
Tatsächlich bekommen Absolventen seit Bologna auch schneller einen 
Abschluss. Wenn sie durchhalten, ihre Freizeitbeschäftigung auf einen
Minimum beschränken, nebenbei nicht jobben, nicht fachfremd 
schnuppern, nicht testen und nichts hinterfragen. Wenn sie also nur 
noch lernen - für die nächste Klausur wohlgemerkt und nicht für sich 
und für ihr weiteres Leben oder gar fürs Vergnügen. So viel zur 
Qualität der Studiengänge.
Die nächste Gruppe, die ein essenzielles Interesse daran haben 
muss, was in deutschen Hochschulen passiert, ist die Wirtschaft. 
Warum hat die Wirtschaftskrise den Arbeitsmarkt nicht erfasst? Weil 
die Unternehmen ihre Mitarbeiter nicht entlassen, sondern weniger 
arbeiten lassen. Warum entlassen sie sie nicht? Weil sie wissen, dass
es eine Zeit nach der Wirtschaftskrise gibt, eine Zeit, in der sie 
gut ausgebildetes Personal brauchen. Sie halten an ihren Mitarbeitern
fest, weil sie keine besseren finden, weil es zu wenige gibt, weil 
die Hochschulen oft verkürztes Wissen mitgeben.
Letztlich sollten wir alle, die sich für den sozialen Frieden in 
unserem Land, für freies Denken und Lernen und - ganz pragmatisch - 
für die Mitarbeiter von morgen interessieren, die Proteste verfolgen.
Das beste Mittel gegen Arbeitslosigkeit - und Arbeitslosigkeit 
betrifft ja nicht nur den einzelnen, sondern in ihren Folgen stets 
die gesamte die Gesellschaft - ist nun einmal Bildung.
Wer sich so lange wie möglich bildet, bekommt später nicht nur eine 
Arbeit, die mehr Prestige hat und mehr Autonomie und Anerkennung 
bietet. Gebildete sind auch gesünder und fühlen sich weniger 
gestresst. Das haben Forscher der Norwegischen Handelshochschule in 
Bergen herausgefunden. Diesen Typus Mensch, den »besten Kopf«, wollen
die Bildungsministerien mit Bologna fördern. Es wird Zeit, dass sie 
die Sache ernst nehmen, damit der »beste Kopf« auch einen freien 
Geist entwickeln kann

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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