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Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zur Regierungserklärung:

Bielefeld (ots)

Angela Merkels Regierungserklärung war keine
historisch-brillante, aber eine sehr ehrliche Rede. Dabei gelang der 
Bundeskanzlerin der Spagat zwischen düsterer Beschreibung der 
internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise und einem 
hoffnungsvollen Ausblick.
Der ganz große Wurf ist Merkel mit dieser Rede zwar nicht gelungen, 
aber das durfte man in dieser schwierigen Zeit auch nicht erwarten. 
Aber immerhin: Angela Merkel hat erstens den Menschen keinen Sand in 
die Augen gestreut (»es wird schlimmer, bevor es besser wird«), 
zweitens echte Hilfe mit der Verlängerung des Kurzarbeitergeldes 
versprochen und drittens Visionen aufgezeigt, wie Deutschland 
gestärkt aus der Krise hervorgehen kann.
Dabei setzt Angela Merkel komplett auf Wachstum. Das ist ihr 
Schlüssel zum Erfolg. Gelingt es Schwarz-Gelb, die Rahmenbedingungen 
dafür zu schaffen, dass die Arbeitslosigkeit sinkt und die 
Steuereinnahmen wie zuletzt im Jahr 2008 sprudeln, dann kann Angela 
Merkel eine große Kanzlerin werden. Gelingt es nicht, wird sie 
möglicherweise als Schuldenkanzlerin in die Geschichte eingehen.
Merkel hat gestern - zumindest für ihre Verhältnisse - Klartext 
gesprochen. Da bekamen die Manager von General Motors genauso ihr 
Fett weg wie Banken, die sie an der Bewältigung der Krise finanziell 
beteiligen möchte. Die Ankündigung der Einführung einer 
Börsenumsatzsteuer hatte man genauso wenig erwartet wie ihre Aussagen
zu steigenden Pflegekosten. Merkel packte aber nicht alle heiße Eisen
an. Einige Fragen zur Gesundheitspolitik und auch zum 
Afghanistan-Einsatz ließ sie offen. Die Gesundheitspolitik soll 
zunächst Sache der FDP bleiben. Hier wird Merkels neuer 
Gesundheitsminister Philipp Rösler die ersten Pflöcke einschlagen. 
Wenn es später Probleme mit der mächtigen Pharmaindustrie, Ärzten und
den Krankenkassen geben sollte, kann die Chefin sich immer noch 
einschalten.
Insgesamt hat Angela Merkel deutlich gemacht, dass die Politik der 
kleinen Schritte (Große Koalition) endgültig vorbei ist. Merkel wirkt
entschlossen und ist gewillt, die Probleme mutig anzupacken - auch 
gegen Widerstände. Leider werden den Worten aber vermutlich erst im 
Mai 2010 nach der Landtagswahl in NRW Taten folgen. Dabei wäre ihre 
schonungslose Analyse, die sie gestern angekündigt hat, noch in 
diesem Jahr so wichtig.
Die SPD muss sich an ihre Rolle in der Opposition erst noch gewöhnen.
Nachdem Merkel souverän die Krisen-Kanzlerin gab und betonte, dass 
soziale Einschnitte und Steuererhöhungen falsch seien, fiel 
Frank-Walter Steinmeier nichts anderes ein, als die alte Platte der 
sozialen Spaltung aufzulegen, ohne dafür einen Beleg anzuführen.
Angela Merkel muss vor dem politischen Mitbewerber in dieser Form 
keine Angst haben. Wenn sie scheitert, dann nur an sich selbst.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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