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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Wirtschaftswachstum

Bielefeld (ots)

Wir alle sind verliebt in Wachstum. Vor allem
Politiker und Firmenchefs tragen das Wort wie eine Monstranz vor sich
her. Ganz besonders das Wirtschaftswachstum darf nicht enden, und 
Manager sprechen sogar dann noch von Nullwachstum, wenn sie 
Stagnation oder gar ein leichtes Minus in der Bilanz verschleiern 
wollen. »Die Menschen des Westens sind seit langem geprägt vom 
ständigen Wachstum in fast allen Lebensbereichen«, schreibt der 
Sozialforscher Meinhard Miegel in seinem Buch »Epochenwende« und 
ergänzt: »Es wuchs nicht nur ihre eigene Zahl, noch stärker wuchs die
Zahl der Wohnungen, der Automobile, der Straßenkilometer, einfach 
alles. Viele können sich eine Welt ohne Wachstum kaum noch 
vorstellen. «
Ist Wachstum wirklich das Nonplusultra? In China brummt die 
Konjunktur, aber die Wirtschaft auf Hochtouren sorgt gleichzeitig für
gigantische Umweltschäden, für mit Schwermetallen verseuchte Felder 
und Flüsse. Ein weiteres Beispiel aus der Wirtschaft: Wenn Konzerne 
wie beispielsweise Siemens ausufern, weil sie neue Felder beackern, 
auf denen sie keine Erfahrung haben, müssen sie sich oft irgendwann 
»gesund schrumpfen«. Die Konzentration auf die Kernkompetenzen kostet
Tausende den Job.
Die Medizin liefert ein weiteres anschauliches Beispiel dafür, dass 
Grenzen des Wachstums unvermeidlich und sogar erforderlich sind. 
Stammzellforschung darf nicht ungezügelt geschehen. Gesetze müssen 
Dr. Frankenstein verhindern: Menschen haben mehr zu bleiben als 
Material. Bei allem medizinischen Fortschritt, der selbstverständlich
zu begrüßen ist, wird eine Grenze bleiben: Der Tod lässt sich nicht 
wegkurieren.
Die Generation der 40-Jährigen in der Bundesrepublik muss umdenken. 
Sie war bislang gewöhnt, dass es immer aufwärts geht, das Einkommen 
steigt und die Zahl der Urlaubstage gleich mit. Aber jetzt wächst die
Inflation, Heizen und Autofahren werden immer teurer. Das verfügbare 
Einkommen sinkt, statt zu wachsen. Das ist für diese Generation neu, 
nicht aber für ihre Großeltern, die die wirtschaftliche Berg- und 
Talfahrt vom Ende des Ersten Weltkriegs bis zum Wirtschaftswunder 
nach 1945 miterlebt haben. Massenarbeitslosigkeit und galoppierende 
Inflation kennen sie nicht nur aus Schulbüchern.
 Ein Blick in die Geschichte sollte all jenen, die heute angesichts 
steigender Preise den Teufel an die Wand malen, etwas Gelassenheit 
bringen. Bis ins vergangene Jahrhundert hinein litten die Europäer 
Not, Sattessen war keine Selbstverständlichkeit. Das Wachstum der 
Lebensmittelproduktion vertrieb den Hunger. Dieses Kernproblem der 
Menschheitsgeschichte ist in Deutschland beseitigt, und die Freude 
darüber kann uns über Grenzen des Wachstums auf anderen Gebieten 
hinwegtrösten. Die meisten Deutschen leben weiter auf hohem Niveau. 
Wir sollten uns von der Illusion lösen, dass Wachstum keine Grenzen 
habe. Schon der Volksmund wusste: Bäume wachsen nicht in den Himmel.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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