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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) schreibt zum Milchlieferboykott:

Bielefeld (ots)

Lidl und Rewe machten den Anfang. Die anderen
folgen. Zehn Cent mehr pro Liter Milch: Es scheint, als hätte der 
Lieferboykott Erfolg. Doch die Bauern haben gelernt, sich nicht zu 
früh zu freuen. Im Herbst 2007 schienen sie schon mal am Ziel ihrer 
Forderungen. Dann begann ein marktwirtschaftliches Spiel, von dem man
hoffte, dass es nicht abgekartet war: Die Landwirte wurden 
aufgefordert, »voll in die Milch« zu gehen. Der Verweis auf die neue 
große Nachfrage der Verbraucher in den aufstrebenden Ländern Asiens 
nach deutschen Molkereiprodukten führte dazu, dass zusätzliche 
Kapazitäten aufgebaut wurden. Monate später gab es plötzlich wieder 
zu viel Milch - und der Preis zerfloss wie Eis in der Sonne.
»Das nennt man Marktwirtschaft«, argumentieren die Vertreter der 
reinen Lehre. Demgegenüber habe das, was die Milchbauern seit Tagen 
mit aller Macht durchsetzen, mit Marktwirtschaft nichts zu tun. Da 
wird etwa ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass Absprachen 
unter den Erzeugern, den verarbeitenden Molkereien und den 
Großkonzernen im Einzelhandel Vorrang haben müssen vor dem geltenden 
Kartellrecht.
Natürlich wissen die Landwirte in Wirklichkeit, was Markt bedeutet. 
Sie haben es oft genug mit Hilfe des »Schweinezyklus« erklärt 
bekommen: Die Nachfrage nach Schweinefleisch treibt den Preis solange
in die Höhe, bis auch der letzte Mäster seine Ställe aufgefüllt hat. 
Weil alle das Gleiche tun, gibt es bald ein Überangebot an 
Schweinefleisch. Der Preis verfällt, bis er so weit im Keller ist, 
dass keiner mehr ein Schwein mästen will. Dann ist die Not groß - und
meist auch die Forderung nach staatlicher Hilfe. Keiner aber will 
mehr Schweinezüchter sein.
Im Falle der Milch gilt ein ähnlicher Zyklus, nur dass die einzelnen 
Phasen länger dauern. Dies trifft besonders zu, wenn Subventionen 
falsche Anreize schaffen. Da es sich bei den Produzenten aber um 
Lebewesen und bei den Produkten um Lebensmittel handelt, sind 
Fehlsteuerungen durch den Markt nicht so einfach hinnehmbar. Wie 
haben die Bilder von Bauern, die ihre Milch wegkippten, manch zarte 
Gemüter erschreckt! Gemessen an den Milchseen und Butterbergen, die 
vor Jahren von der EU finanziert wurden, handelt es sich bei den 
jetzigen Mengen aber eher um Peanuts. Ob der sich abzeichnende Erfolg
für die Milchbauern von Dauer ist, wird auch davon abhängen, ob die 
EU sich doch dazu durchringt, das auslaufende System der Milchquoten 
zu verlängern.
Alle Räder stehen still, wenn Traktoren den Weg versperren. Da sind 
Landwirte genau wie Fernfahrer und Lokführer im Vorteil gegenüber 
Verkäuferinnen oder Sachbearbeitern in einem Büro. Proteste leben von
Bildern. Dabei kämpfen die Bauern allerdings nicht nur für sich, 
sondern auch für die Zukunft des ländlichen Raumes. Spätestens wenn 
der letzte Bauer seinen Traktor stillgelegt und seinen Stall für 
immer abgeschlossen hat, werden auch die Städter erkennen, dass 
Landwirtschaft mehr ist als Ackerbau und Viehzucht.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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