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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Geburtenschwund

Bielefeld (ots)

Es ist in Deutschland schwierig, das Thema
Geburtenschwund nüchtern und vernünftig zu diskutieren. Das Berliner 
Establishment neigt dazu, die demographischen Daten zu verharmlosen 
oder darauf hinzuweisen, dass das Schrumpfen der Bevölkerung in 
Europa durch das Wachstum der Völker in Afrika oder Asien 
neutralisiert werde.
Der renommierte Demograph und frühere Bielefelder Professor Herwig 
Birg meinte dazu einmal lakonisch: Das wäre so, wie wenn man mit 
einem Bein in einem Eimer voll heißem und mit dem anderen in einem 
Eimer mit eiskaltem Wasser stünde. Insgesamt stimme die Temperatur, 
trotzdem sei das kein angenehmes Gefühl.
Die Auswirkungen des Geburtenschwundes auf Wirtschaft, Wohlstand und 
vor allem auf die Sozialsysteme in unserem schwarz-rot-goldenen Eimer
Bundesrepublik Deutschland bewirken zwar hier und da ein gewisses 
Umdenken, aber es reicht nicht, die Politik entsprechend zu ändern 
und der Familie, der sogenannten Keimzelle der Gesellschaft, dem Hort
und Quell von Kindern, endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. 
Dies werden die Ideologen in Berlin verhindern.
Das sind die Fakten:
- 2006 wieder 13000 Kinder weniger als im Jahr zuvor und
- Tiefststand der absoluten Kinderzahl jetzt bei 672700.
Die neuesten Daten des Statistischen Bundesamtes regen in Berlin kaum
einen auf, die meisten dort haben eh keine Kinder.
Selbst zaghafte Gemüter könnten jetzt anmerken, man solle die 
demographischen Vorgänge doch einmal genauer erforschen. Dafür ist es
höchste Zeit.
Aber von den vier Lehrstühlen, die es noch vor ein paar Jahren gab, 
als der Bevölkerungsschwund bereits im allgemeinen Bewusstsein Platz 
griff, sind drei abgeschafft, der einzig verbliebene ist der in 
Rostock.
Andere, um nicht zu sagen: alle anderen, Industrieländer sind uns da 
weit voraus. Vermutlich  hat Professor Birg auch mit einem anderen 
Diktum recht, wenn er sagt: »Es ist dreißig Jahre nach 12.« Denn wir 
haben zum Umsteuern schon drei Jahrzehnte verloren, so lange kennt 
man in der Politik die Entwicklung.
Eine weitere Glanzleistung hierzulande besteht darin, das 
demographische Defizit als »demographische Rendite« zu verkaufen. Nun
habe man weniger Kosten für Schulen, für Kindergärten, für 
Ausbildungsplätze, für Universitäten. Das erinnert an die Blaskapelle
auf der Titanic. Spielen bis zum Untergang.
Dabei steht uns heute schon das Wasser bis zum Hals. Der 
Geburtenschwund drückt auf das Wirtschaftswachstum, es fehlen bereits
Fachkräfte, die Sozialsysteme schwächeln, es ist eine Frage der Zeit,
wann man über die Grundrente für alle diskutiert.
Die neuen Zahlen sind ein Menetekel. Aber man täusche sich nicht: Die
Berliner Blaskapelle wird aus dem neuen Tiefstand keinerlei 
Konsequenzen ziehen. Sie will es nicht. Warum auch, bis zur nächsten 
Wahl ist das Wasser noch nicht am Oberdeck.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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