BGA Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V.
Sendesperrfrist: 28. Juli 2009, 10.30 Uhr - Es git das gesprochene Wort BGA: Vier verlorene Jahre - Verkehrspolitische Herausforderungen nach der Großen Koalition
Berlin (ots)
"Durch fehlenden Mut und Entscheidungswillen sind zum Nachteil der Logistik, des Außenhandels und des Wirtschaftsstandortes Deutschland unter Verkehrsminister Tiefensee entscheidende Weichen nicht gestellt worden." Dies erklärte Gerhard Riemann, Vorsitzender des BGA-Verkehrsauschusses, heute anlässlich der BGA-Jahrespressekonferenz Verkehr in Berlin.
Massiv kritisierte Riemann die Entscheidung, inmitten der aufziehenden Wirtschaftskrise die Lkw-Maut um 40 bis 90 Prozent zu erhöhen. Er rechne aufgrund dieser "politischen Fehlentscheidung" mit einer Pleitewelle von rund 10.000 Unternehmen im Transportgewerbe und dem Verlust von 80.000 bis 100.000 Arbeitsplätzen in der Branche und forderte eine Aussetzung der Mauterhöhung.
Nachdem die Logistik in den letzten Jahren überproportional von dem Wirtschaftswachstum profitiert habe, sei die Transport- und Logistikbranche nun um ein Vielfaches stärker als die Gesamtwirtschaft von dem Wirtschaftseinbruch betroffen. So seien die Frachtraten in der Seeschifffahrt teilweise um 90 Prozent eingebrochen und die Frachtvolumina um gut 40 Prozent zurückgegangen. Rund 400 Containerschiffe lägen weltweit vor Anker, weil es nichts zu transportieren gäbe. Die Luftfracht sei um 25 Prozent eingebrochen und mehr als 40.000 Güterwaggons stünden mangels Aufträge auf dem Abstellgleis.
Dennoch brauche man dringend einen zügigen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, weil der Einbruch nur vorübergehender Natur sei. "Wenn wir die Krise überwunden haben und Deutschland weiterhin am Welthandel partizipieren will, müssen wir wieder mit steigenden Gütermengen rechnen, die in ihren Wachstumsraten leicht das zweieinhalbfache des Wirtschaftswachstums erreichen werden.
Ein nationales Hafenkonzept ohne enge Einbeziehung der europäischen Nachbarn sei zum Scheitern verurteilt, weil wirtschaftliches Handeln nicht an Landesgrenzen aufhöre - schon gar nicht im Europäischen Wirtschaftsraum, warnte der Verkehrsexperte. Ebenso vermisst werde ein klares Bekenntnis zum Donau- und Elbausbau. Überfällig seien Ausbauvorhaben wie beispielsweise die Betuwe-Linie von Holland nach Deutschland, um große Mengen auch über die Schiene abzuwickeln.
Eine erfolgreiche Logistik umfasse natürlich auch den Gütertransport auf der Straße. Positiv bemerkte Riemann, dass die für die Straßen vorgesehenen Mittel aus den Konjunkturprogrammen unerwartet dazu beigetragen hätten, die seit langem geforderten Maßnahmen in Angriff zu nehmen. Den von Bundesminister Tiefensee vorgestellten und im Juli 2008 von der Bundesregierung beschlossene Masterplan Güterverkehr und Logistik wertet der BGA jedoch als überaus enttäuschend und irreführend. Der BGA kritisiert vor allem die fehlende Bereitschaft, Fakten und Erkenntnisse aus den Studien und Diskussionen zum Masterplan Güterverkehr in politische Maßnahmen einfließen zu lassen.
So beweise die im Auftrag des Verkehrsministers erstellte "Verflechtungsprognose der Verkehrsträger", dass von einer im Masterplan der Öffentlichkeit "suggerierten" Verlagerung von der Straße auf die Schiene keine Rede sein kann. Danach werde das Verkehrswachstum auf der Straße fünfmal höher sein als auf der Schiene. Das Güterwachstum sei so gigantisch, dass alle Verkehrsträger möglichst große Anteile gewinnen müssen.
"Wie angesichts dieser Fakten der Verkehrsminister noch von einer Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene sprechen kann, ohne dabei rot zu werden, ist unerklärlich", kritisierte Riemann. Notwendige verkehrspolitische Entscheidungen würden dadurch erschwert und der Öffentlichkeit keinen "reinen Wein" eingeschenkt.
Zur Bewältigung des auch künftig rapide steigenden Güterverkehrsaufkommens könne der EuroCombi einen wesentlichen Beitrag leisten. Die von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Studie bescheinige dem Transportsystem ebenso wie die vom Bundesverkehrsministerium beauftragte BASt-Studie positive gesamtwirtschaftliche und -gesellschaftliche Effekte bei einem deutlich niedrigeren CO2 Ausstoß. Befürchtete Nachteile könnten durch moderne Technik ausgeglichen werden. Es verwundere schon sehr, dass nur Deutschland sich so schwer tue, technische Fakten anzuerkennen oder wenigstens vorurteilsfrei zu prüfen, die in unseren direkten Nachbarstaaten schon längst umgesetzt werden.
"Nach vier verlorenen Jahren hoffen wir auf einen neuen, engagierten und mutigen Verkehrsminister oder eine Verkehrsministerin, der oder die aufgrund von Fachkenntnis und Kompetenz dieses Ressort führt und der deutschen Logistik wieder eine klare Perspektive gibt" so Riemann abschließend.
32, Berlin, 28. Juli 2009
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