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Neue Westfälische (Bielefeld)

Ex-Europapolitiker Elmar Brok (CDU) in der in Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen (Donnerstagausgabe) zum Tod von Michael Gorbatschow

Bielefeld (ots)

"Wir sind ärmer geworden"

Michail Gorbatschow wird als einer der großen Figuren des 20. Jahrhundert in die Geschichte eingehen. Der Friedensnobelpreisträger, letzte Präsident der Sowjetunion und letzte Generalsekretär der KPdSU, hat wie wenige unseren Kontinent positiv geprägt. Dabei handelte er nicht nach einem Plan, sondern war zum Teil ein Getriebener, der aber auch als solcher mutig verantwortungsbewusste und am Ende zumeist friedliche Entscheidungen getroffen hat.

Der anfangs als überzeugter Kommunist und Zögling des KGB-Chefs Andropow Mitte der 80er Jahre gestartete Staatenlenker wollte den Kommunismus und die Sowjetunion nicht beseitigen. Noch im Januar 1991 hat er in Vilnius seine Truppen auf das litauische Parlament schießen lassen. Er hatte aber früh erkannt, dass die Sowjetunion wirtschaftlich und politisch gescheitert war. Er versuchte, seinen Staat gegen gewaltige Kräfte im Partei- und Staatsapparat und bei einigen seiner "Verbündeten", vor allem der SED-Führung, zu modernisieren. Dies führte entscheidend zu Hoffnungen vieler Bürger in den Warschauer-Pakt-Staaten - und letztlich zu den friedlichen Revolutionen des Jahres 1989.

Gegen den Willen der Hardliner in Moskau ließ er die Rote Armee in den Kasernen. Diese Entscheidung traf er auch nach einem dramatischen Telefongespräch mit Helmut Kohl am 10. November und trotz der Provokationen alter SED-Kader im Januar 1990. Dafür werden wir Deutschen ihm immer dankbar sein. Er vertraute Kohl, der ihn anfangs falsch eingeschätzt hatte, und George Bush, die ihn bei der wirtschaftlichen Modernisierung seines Staates intensiv unterstützten. Er scheiterte dann aber auch an der Reformunfähigkeit des Sowjetsystems, der alten Garden im Apparat, die gegen ihn putschten, und daran, dass unter Führung Jelzins die Präsidenten von 13 Republiken die Auflösung der UdSSR beschlossen.

Er blieb seiner Reformagenda auch danach treu und fand den Weg zur Demokratie. Er gehörte deshalb auch zu den Kritikern der Chaostage von Jelzin und dem zunehmend autoritären Nationalismus Putins, der jegliche Reform seines Landes verhinderte. Ich habe Gorbatschow mehrfach getroffen, mit ihm öffentlich und privat diskutiert. Als ich einmal in Moskau in einer Rede das Putin-System kritisierte, wurde ich deshalb sofort von Putinisten und kriecherischen Vertretern des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft attackiert. Ich werde es niemals vergessen, dass in diesem Augenblick Michail Gorbatschow aufstand und mich mit klaren Worten verteidigte. Wir sind ärmer geworden.

Pressekontakt:

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