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Mittelbayerische Zeitung: Noch ist nichts gut
Nur weil Russland militärisch anderweitig gebunden ist, herrscht Ruhe in der Ukraine. Leitartikel von Ulrich Krökel

Regensburg (ots)

Gerade einmal zwei Jahre ist es her, dass die Maidan-Revolution die Welt in Atem hielt. Inzwischen ist es still geworden um die Ukraine. Dafür gibt es Gründe, die sich mit den Schlagworten Grexit-Gefahr, Flüchtlingskrise und IS-Terror auch benennen lassen. Vom Ende der Geschichte, wie es nach 1989 schon einmal ausgerufen worden ist, kann keine Rede mehr sein, im Gegenteil: Die Geschichte stürmt voran. Politiker und Berichterstatter können das Tempo kaum halten. Umso wichtiger ist es, von Zeit zu Zeit die verdrängten Themen des Weltgeschehens ins Tageslicht zu rücken. Das beugt im Zweifel dem nächsten Schock vor, der im Fall der Ukraine noch immer jederzeit droht. Wie explosiv die Lage im Land ist, zeigte kürzlich der Anschlag mutmaßlich tatarischer und ukrainisch-nationalistischer Aktivisten auf die Stromversorgung der Krim. Auf der von Russland annektierten Halbinsel musste sogar der Notstand ausgerufen werden. Nicht lange ist es her, da hätte eine solche Gewaltaktion sofort den Kreml auf den Plan gerufen. Wladimir Putin hätte noch vor Jahresfrist kaum gezögert, massiv militärisch zurückzuschlagen. Nun aber führt Russland Krieg in Syrien und befehdet sich mit der Türkei, und so setzt Putin offensichtlich auf Ruhe an der "ukrainischen Front". Statt den Separatisten in den abtrünnigen Regionen Donezk und Luhansk wieder den Marschbefehl zu erteilen, reiste er persönlich auf die Krim und versprach mehr zivilen Aufbau und eine "Energiebrücke" zum russischen Festland. Putins Zurückhaltung hat nichts Endgültiges, nicht einmal etwas Zuverlässiges. Es ist deshalb gut und richtig, dass die EU dem Vernehmen nach fest entschlossen ist, die Sanktionen gegen Russland zu verlängern. Es ist auch ein wichtiges Signal, dass der Westen in Gestalt der Nato Montenegro als neues Mitglied aufnimmt und damit seine osteuropäische Flanke demonstrativ stärkt. Letztlich geht es dabei vor allem um ein Symbol. Putin hat mehr als einmal bewiesen, dass er Zeichen einer allzu sensiblen Zurückhaltung als das deutet, was sie nicht sein sollen: als Zeichen der Schwäche. Genauso gut, richtig und wichtig wie diese Signale der Konsequenz ist aber auch die Bereitschaft zum Gespräch mit dem Kreml, wie sie die Nato auf Betreiben des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier nun wieder sucht. Mit Blick auf den Ukraine-Konflikt ist der Westen mit dieser Doppelstrategie bislang nicht ganz schlecht gefahren. Die schwärzesten Szenarien einer weiteren russischen Expansion und eines osteuropäischen Krieges sind bislang nicht Wirklichkeit geworden. An den düsteren Prognosen für die nähere Zukunft der Ukraine selbst ändert das allerdings wenig. Der berühmte, viel kritisierte Afghanistan-Ausspruch von Margot Käßmann ("Nichts ist gut in Afghanistan") lässt sich heute eins zu eins auf Europas zweitgrößten Flächenstaat übertragen. Die Lage in der Ukraine ist verfahren. Die Scharfmacher im nationalistischen Westen und im separatistischen Osten stehen sich abgrundtief verfeindet gegenüber. Die Korruption treibt neue Blüten, die Wirtschaft liegt darnieder. Kurz: Nichts ist gut in der Ukraine. Putins Destabilisierungsstrategie ist bislang aufgegangen. In dieser Situation können sich die Hoffnungen und müssen sich die politischen Strategien auf die lange Perspektive gründen. 2016 tritt das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine voll in Kraft. Es wird die Rahmenbedingungen für das politische und ökonomische Handeln im Land dauerhaft verändern. Ein entscheidender Schritt bleibt die Bekämpfung der Korruption, insbesondere die Eindämmung der Oligarchie.

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