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Mittelbayerische Zeitung: Respekt, Benedetto! Der Papst aus Bayern schreibt mit seinem Rücktritt Geschichte und stellt das Amt über sich selbst. Von Christine Schröpf

Regensburg (ots)

Mit dem ersten Rücktritt eines Papstes in der Neuzeit drückt Benedikt XVI. seinem Pontifikat einen Stempel auf: In weltweit höchst schwierigen Zeiten für die katholische Kirche, macht er für einen Nachfolger Platz. Er stellt das Amt über sich selbst und beweist die Größe und Bescheidenheit, die er während seines gesamten Pontifikats gezeigt hat. Im Internet, das vermeintlich stets vor Religionshäme trieft, wurde in einem Leserkommentar auf den Punkt gebracht, was der Papst mit seinem Schritt so eindrucksvoll demonstriert hat: "Für manche Aufgaben braucht es die ganze Kraft. Und für Vernunft braucht es manchmal einen Bayern." Mit großen Reden und Predigten hat Benedikt XVI. sein Pontifikat geprägt. Eindrucksvoll in Erinnerung: Die Ansprachen bei seinem Deutschlandbesuch 2011, die sich zu einem Gesamtwerk zusammenfügten, das lange nachwirkt und Debatten entzündete - etwa die Positionen zur Rolle der Politik oder aber zur Stellung der Laien in der Kirche. Nun geht der Papst der Worte, doch der wortgewaltige Joseph Ratzinger bleibt. Es wäre zu wünschen, dass er sich auch nach seinem Rücktritt in gesellschaftliche Debatten einmischt und sich dem Bücherschreiben widmet. Der große Kirchendenker hat noch viel zu sagen. Doch ob er es macht, ist ungewiss. Joseph Ratzinger wird nichts tun, womit er seinem Nachfolger in die Parade fährt. Die Rolle des "Papst a.D." muss im Vatikan ohnehin erst erfunden werden. Wie sehr Benedikt XVI. die körperlichen Kräfte verlassen haben, war unübersehbar. Schon 2011 in Deutschland setzte er seine Schritte mit größter Vorsicht - immer waren Begleiter in seiner Nähe, um einen Sturz zu vermeiden. In den letzten Monaten waren seine Kräfte weiter geschwunden. Joseph Ratzinger aber wollte sicherstellen, dass die Kirche ein kraftvoll agierendes Oberhaupt behält. Als enger Vertrauter seines Amtsvorgängers Papst Johannes Paul II. hatte er aus der Nähe miterlebt, wie sehr die Handlungsmöglichkeiten am Ende eingeschränkt sein können. Das wollte er seiner Kirche, die 2013 vor harten Bewährungsproben und wichtigen Richtungsentscheidungen steht, nicht zumuten. Gerade eben bläst der Gegenwind wieder besonders stürmisch - angefacht durch Äußerungen hoher Kirchenrepräsentanten. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner etwa diagnostizierte eine "Kathophobie" in der Gesellschaft, und meinte damit eine angeblich durchweg feindselige Stimmung gegen die katholische Kirche. Der neue Papst muss diese völlig überzogenen Aufgeregtheiten unterbinden. Die ersten Reaktionen auf den Papstrücktritt waren positiv - die negativen Töne werden in einer zweiten Welle folgen. Tatsächlich gibt es berechtigte Kritik am Pontifikat. Benedikts zu großes Entgegenkommen für die Piusbruder, entstanden aus der Sehnsucht nach Einheit in der Kirche, ist dafür ein Beispiel. Bei der Regensburger Rede, die für Aufruhr im Islam sorgte, unterschätzte er 2006 die Wucht seiner Worte. Der kühne Denker Joseph Ratzinger, geprägt durch die Volksfrömmigkeit seiner Jugend, wusste auch nicht immer eine überzeugende Antwort auf die Wünsche der Gläubigen i m 21. Jahrhundert. Nichtsdestotrotz: Am Ende überwiegen die positiven Seiten seiner Amtszeit. Benedikt XVI. war sich seit Monaten über seinen Rücktritt klar. In der verbleibenden Zeit hat er wichtige personelle Weichen gestellt - für Rom und für Bayern. Er hat Gerhard Ludwig Müller zum Präfekten der römischen Glaubenskongregation ernannt und Rudolf Voderholzer zu Müllers Nachfolger in Regensburg. Entscheidungen, die ohnehin auf der Agenda standen - sie waren ihm aber auch persönlich wichtig. Die entscheidende Frage bleibt nun: Wer folgt auf Benedikt XVI.? Und wird der neue Pontifex nicht nur Kraft, sondern auch Größe besitzen? Faktoren, die sein Vorgänger für so unabdingbar hält, dass er aus dem Amt scheidet, weil er glaubt, den eigenen hohen Ansprüchen nicht mehr gerecht zu werden.

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